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Günther Grass, Israel & die Atombombe

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#483
0604
2012
Fr
12:43
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Ich bin ein Kind der Achtziger. Dummerweise hatte ich bei der ersten Ausstrahlung von „The Day After“ im öffentlich-rechtlichen Fernsehen anscheinend eine dieser dämlichen sensiblen Phasen. Der Film packte mich derart heftig, dass ich monatelang nicht schlafen konnte. Und wenn, dann mit tollen Alpträumen. Die atomare Abschreckung hatte bei mir wahrhaftig gewirkt: Ich hatte große Angst vor einem Atomkrieg.

Der kalte Krieg wurde wärmer, die Perestroika pflanzte Blumen und meine Nackenverspannungen lösten sich. Jahrelang dachte ich im relativ ungestörten Aufwachsen zu Grunge und Ökostrom: die Welt hat was gelernt. Sie war auf dem richtigen Weg. Dann kam Bush, und der neue „Nicht“-Imperialismus stellte kesse neue Forderungen.

Über eine dieser neuen Forderungen regte ich mich schon vor einiger Zeit hier am Blog auf: Das Recht, zu bestimmen, wer die Atombombe haben darf. Ja, mag sein, manche Regierungen handeln wirklich mehr als ungeschickt mit hochgradig diplomatischen Aussagen wie „Israel hat kein Existenzrecht“. Ja, das macht Angst. Ja, da sollte man was tun. Doch was tut die Regierung Israels?

Onkel Netanjahu rennt mit dem kleinen Ehud Barak zu Papa Barak Obama, zeigt auf den Iran und flennt: „Der hat gesagt ich darf nicht sein! Und deswegen will ich jetzt Erstschlag!“ Das einzige, was mich auf eine derart krasse Aussage hin wunderte, war das praktisch komplette Schweigen aller deutschen Politiker. Hätte diese Aussage irgendeine andere Nation aufgestellt, wäre die Empörung unendlich gewesen.

Ja, der Iran bedroht Israel. Ja, vielleicht hat er trotz Stuxnet-Wurm irgendwann mal eine Atombombe. Doch was würde passieren, wenn er sie gegen Israel richten würde? Als erstes mal – etwas drastisch formuliert – etwas sehr positives: Um dieses Land würde sich in den nächsten 10.000 Jahren garantiert keiner mehr streiten. Direkt darauf würde die Antwort der ganzen Welt folgen: Die unausweichlich vollkommene Vernichtung des Iran. Was würde dagegen passieren wenn, Israel ein Iranisches Atomkraftwerk zum Supergau umfunktioniert? Obama wird Netanjahu auf die Finger klopfen. „Böser Junge!“. Fertig.

Zur Info, ihre großen schweigenden Politiker: Niemand hat das Recht, zu entscheiden, wer eine Atombombe haben darf, und wer nicht. Bei Israel nehmt ihr euch schließlich auch das Recht heraus, seit 40 Jahren deren nuklearen Anlagen unkontrolliert zu lassen und ihr beträchtliches Atomwaffenarsenal totzuschweigen. Da keiner das Recht hat, zu entscheiden, gibt es nur eine Lösung: keiner darf die Atombombe haben. Aber diese Aussage ist ein absolutes Nogo, wenn’s mal wieder um einen neuen Schurkenstaat geht.

Deutschland ist nicht verloren. Einer unserer größten lebenden Dichter und Denker hat gesprochen. Günther Grass äusserte sich in seinem Gedicht „Was gesagt werden muss“ sehr kritisch in der Süddeutschen Zeitung. „Die Zeit“ hatte das Gedicht da schon abgelehnt. War ihr zu heikel.

Günther Grass spielt Focus: er liefert Fakten, nichts als Fakten. Anstatt über Onkel Netanjahus Forderung nach einem Recht auf den Erstschlag aufzuschreien, erhebt sich Deutschland nun gegen Günther Grass. Die Vorwürfe? Er sei ein Antisemit. Ja, er war Waffen SS. Aber hat irgendeiner der feigen deutschen Meinungsmacher rein zufällig vielleicht mal wenigstens „Die Blechtrommel für Dummies“ gelesen – wenn ihnen schon offensichtlich das volle Werk viel zu anstrengend und komplex war?

Was sagt denn Günther Grass in „Was gesagt werden muss„? Israel hat die Atombombe. Israel plant einen konventionellen Erstschlag gegen das Iranische Atomprogramm. Das sagt er. Zur Info: Israel plant nicht, mal schnell ein paar Leute in die Luft zu jagen, wie die USA im Irak oder Afghanistan. Sie wollen ein Atomkraftwerk bombardieren, das vermutlich auch den Forschungen zur Gewinnung von waffenfähigem Nuklearsprengstoff dient. Eine Cruise Missile ist kein Tsunami. Aber hat – abgefeuert auf ein Atomkraftwerk – doch frappierend ähnliche Auswirkungen: In der Regel einen atomaren Supergau und damit verbundene vernachlässigbaren Folgewirkungen wie jahrtausendelange Verstrahlung großer Regionen und Tod von etlichen zehntausend Menschen.

Im Endeffekt prangert Günther Grass in „Was gesagt werden muss“ nichts anderes an. Ich bewundere ihn, denn er wusste genau, wie Deutschland reagieren würde: Mit Hass und ungerechtfertigten Anfeindungen der übelsten Sorte. Er hat trotzdem gesprochen. Man wirft ihm vor, ein Antisemit zu sein. Typisch Deutsch: Wir müssen immer für Israel sein, wir sind auf ewig Schuld, und müssen ihnen deswegen jedwedes verwerfliche Handeln wortlos vergeben. Dazu kann ich nur eines sagen:

Egal wie unsere Deutsche Geschichte ist: Auch wenn ein Israeli einen Furz fahren lässt, stinkt er. Wenn etwas stinkt, dann muss man es sagen.

Tag Cloud: Günther Grass, Atombombe, Israel, „Was gesagt werden muss“ Ehud Barak, Barak Obama, Iran, Netanjahu, Atombombe, Günther Grass, Erstschlag, „Was gesagt werden muss“

Update 10.4.: Israel erteilt Günther Grass Einreiseverbot. Bravo, ewig wütendes Kind Israel! Kritikfähigkeit 6, Wut 1. An wen erinnert mich das?

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2 Kommentare

  • tomtiger schreibt am Freitag, 6.4.2012 um 21:38 Uhr:

    Wenn so ein Gedicht nicht mehr geschrieben werden darf, dann steht es nicht gut um die Meinungsfreiheit in diesem Land. Punkt. Es ist weder antisemitisch noch beleidigend… Es ist eine Meinung. Hallo!

  • Karin Woelky schreibt am Dienstag, 10.4.2012 um 17:07 Uhr:

    Es ist krass, was da passiert: Israelis dürfen alles, auf uns ruht eben doch der Unsegen und das auch noch in 100 Jahren. Wann wacht unser Volk auf? Warum lassen wir uns alles gefallen? Wo bleibt der Stolz der Deutschen?

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