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El Cuyo

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0804
2015
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El Cuyo liegt ganz im Norden der Halbinsel Yucatan. Open Street Maps kennt in dem kleinen verschlafenen Fischerdorf am Ende der Welt exakt einen POI: “Iglesia”. Die Pampa zwischen der letzten Stadt Tizimin und El Cuyo duchqueren angeblich auch Busse und Collectivos, dies aber so selten, dass ich für die letzten 85 km ein günstiges Taxi brauche.

Sogar in der Semana Santa ist es hier keinerlei Problem, eine Unterkunft zu finden. Nach fünf Minuten habe ich eine kleine günstige Hütte am Strand. Ich bin der einzige Gringo unter einer handvoll Mexikanischer Tagesausflügler in ganz El Cuyo. Aus den leise im Wind raschelnden Palmenblättern flüstert eine höhere Macht zu mir: “Dies sei Deine Aufgabe!” Ich erzittere in 33° Celsius am türkisblauen Meer: “Hä?”.

Der Wechsel zur bisherigen Reise könnte nicht herber ausfallen: bisher war ich an drei von 64 Tagen alleine unterwegs. Wo immer ich ankam: hagelte es umgehend goldene Menschen, ohne dass ich auch nur den kleinsten Schritt eines Regentanzes aufgeführt hätte. Hier brauche ich dringend einen sehr wirksamen, ich tanze verzweifelt in der gleissenden Sonne am weissen Sandstrand. Bei der dritten Wiederholung kommt wenigstens ein Straßenköter und schaut blöd. Dann versucht er meinen linken Schuh abzurammeln. Siesta-Time. Das in eine Plastikflasche abgefüllte letzte Restchen Absolut glühender Nächte mit guten Freunden umarmend schluchze ich mich einsam in den Schlaf.

Eine Stunde später weckt mich ein Windstoß auf. Strandwart Carlos erachtet meine Religion als extreme Gefährdung für den in seinen Augen vollen Strand. Er schickt mich erst mal zwei Kilometer in die falsche Richtung. Ich hätte ihm ja gerne ein Bild vom Valdevaqueros Tarifa in der “Nebensaison” gezeigt – aber El Cuyo ist eine komplett Internet-freie Zone.

Auf dem Rückweg sehe ich zwei Kites am Horizont. Zwei Kilometer weiter bin ich am Ziel. Wunderbar laminare 18 bis 20 Knoten blasen über milde türkise Wellen, und sogar ein Bielefelder Welt-Kiter ist da. Ich kite bis die Sonne untergeht. Die Wellen sind bis zu einen Meter hoch und kommen recht unregelmäßig aus verschiedenen Richtungen.

Am Ostermontag sind alle drei Restaurants El Cuyos geschlossen. Quesadillas einer Imbissbude kauend schaue ich zusammen mit Bielefeld und dem zuckertuckigen Ober einem Insektenvernichtungstruck beim Einnebeln des verlassenen Dorfjahrmektes zu.

Ich mag ruhige Plätze. El Cuyo ist mir zu ruhig, und zu leer. Bielefeld hat vermutlich recht: heute hier ein Grundstück kaufen und in wenigen Jahren bist Millionär. El Cuyo hat einiges an Potential, ein neuer Kiter-Hotspot zu werden: nur 2,5h mit dem Bus ab dem Flughafen Cancun, und die Flüge dorthin sind günstig. Es gibt Platz und Wind sideon ohne Ende, aber praktisch keinerlei Infrastruktur: keine Kiteschule, keine Station, wenige Restaurants und gar kein Internet / Telefon.

Nach der gesamten “Der Pate Trilogie” als Abendprogramm entschließe ich mich nach zwei Tagen, mit Bielefeld weiterzuziehen. Mein Herbergsopa meinte, es wäre keinerlei Problem, wenn ich schon nach zwei statt der bezahlten vier Nächte Abreise. Was er nicht erwähnte: das Geld für alle vier Nächte behält der alte Sack trotzdem. Muss man verstehen. Höchstsaison. Zwei von acht Hütten sind belegt.

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