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Der Raketen-Kiter von Wellington

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2013
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Die Tierversuche zur bemannten Raumfahrt brachten der NASA in den Sechzigern vor allem eine bahnbrechende Erkenntnis: Hunde leben kurz. Um genau zu sein: zu kurz für den interstellaren Raumflug. Daher sucht die NASA jetzt nach geeigneten menschlichen Versuchsobjekten für eine längerfristige Anstellung.

Die Jobausschreibung fordert eine ausgeprägte Sprungkraft und verspricht exzessiven Möglichkeiten zur inneren Kontemplation sowie wenig Pinkelpausen. Ist nicht jedermanns Ding, daher blieben die Bewerbungen bisher deutlich hinter den Erwartungen der NASA zurück. Es geht das Gerücht um, erste Versuchsobjekte wären bereits entführt worden.

Früh morgens kommen wir in Wellington an. Tutukaka fordert kreischend eine Bremsen-Reparatur, die einige Stunden dauert. Schon bei unserem letzten Stopp zu Silvester begegneten wir einem Bayern, der gerade nach Wellington ausgewandert war. Von seiner Sprungkraft erfuhr ich damals mangels Wind nichts.

Diesesmal bläst der Wind ordentlich mit 22 Knoten aus Nord. Noch vor dem Checkin holt uns der Bayer im Hostel ab. Wir fahren an den Seatoun Beach in der äusseren Bucht von Wellington und bauen gleich auf. Er fährt einen 2009er Evo in 10m², ich baue den 13m² Crossbow auf. Die Wellen sind klein, aber mit weissem Schaum oben drauf. Fein.

Ich kite seit 13 Jahren und kann keinen einzigen Trick. Ist mir einfach nicht wichtig. Was mir wichtig ist, das sind hohe Sprünge. Am besten die höchsten. Doch diese Krone wird mir heute abgenommen. Die Wellingtoner Kite-Rakete bat zurecht um Anonymität. Würde die NASA seine Sprünge sehen, wäre er in Null komma nix verschwunden und ins nächste Raumschiff entführt. Die NASA würde sich den Sprit für die ersten zehn Meter sparen, und da brauchen Raumschiffe ja bekanntlich den meisten Sprit.

Der Raketen-Kiter springt ohne Ende. Kaum ein Sprung ist unter fünf Metern hoch. Die guten sind sieben hoch und 20 weit. Die Interislander Fähre zieht vorüber. Ja, klar, nur eine Frage der Perspektive. Trotzdem: er springt drüber. Da kann ich machen was ich will, komme ich einfach nicht ran. Angefangen hat er gerade mal vor einem Jahr. Spock fände das sicher faszinierend.

Unsere Tage in Wellington gehen schnell vorrüber. Geschenke shoppen, ein bisschen durch die Stadt touren und ein Konzert in der Bar Medusa. Am letzten Tag dreht der Wind auf Süd. Arktische Winde läuten den Herbst in Neuseeland ein. Es wird wolkig und kalt, aber die gut 20 Knoten Wind zaubern am Lyall Beach auch einen traumhaft gleichmässig brechenden Swell von eineinhalb Metern.

Der Lyall Beach ist weltweit einmalig. Wir kiten 200 m neben dem internationalen Flughafen von Wellington – legal, aber näher sollte man dem Flughafen auf keinen Fall kommen. Ein Surfboard wurde angeblich noch nie in einem Triebwerk gefunden, und auch für Kites gibt’s sicher günstigere Parkplätze.

Der Raketen-Kiter springt über die Jumbo-Jets, bis an den Strand ins 10 cm tiefe Wasser und über die an der Strandpromenade fahrenden Busse. Auch mich haut’s heute ordentlich hoch mit 9m² raus, aber die Landungen werden fast alle Albatross-Style. Einige große Wellen erwischen mich sauber. Nicht schlimm, die Wellingtoner Kiter sind sehr zuvorkommend wenn’s ums Ausweichen geht.

Den letzten Abend widmen wir der Innenarchitektur. Wellington hat mit 150.000 Einwohnern gerade mal die Größe Regensburgs. Aber leicht fünf mal soviele Kneipen. Jede ist einmalig. Ich glaube, wir schaffen sechs oder sieben, weiss nicht mehr genau. Scheint ein guter Abend gewesen zu sein.

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