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Die Wutprobe & der 2. Zyklus Chemo

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#484
1204
2012
Do
19:43
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Ein wichtiger Mensch stellt massiv alles in Frage, wofür ich kämpfe, woran ich glaube – und damit dass ich den Krebs überleben werde. Zehn Tage lang schlafe ich sehr wenig und wende alle meine Kraft auf, ohne Wut zu antworten. Danach fühle ich mich kraftlos und gehe wieder ins Uniklinikum zu meinem 2. Zyklus Chemotherapie.

Für die ersten sieben Tage auf der Onkologie wurden mit etlichen teuren Untersuchungen wie MRT und CT gerade mal 2300 € abgerechnet. Es ist eine Schande, dass menschliche Arbeit so vollkommen unter Wert verkauft wird, Medikamente dafür hoffnungslos überteuert. Die Pharmalobby ist der beste Freund des Pflegenotstands.

Meine Kunden lassen mir Zeit mit Aufträgen. Ich bin dafür sehr dankbar, denn ich kann nur wenig arbeiten. Muss aber, denn die BU wird fast nichts zahlen, und auch die Krankenkasse viel zu wenig. Nur zwei Kunden stressen massiv. Ich hadere eine Weile und verabschiede mich dann für immer von ihnen. Es ist schwer, alte Kunden fallen zu lassen. Noch dämlicher wäre es aber, sie weiter meine Gesundheit mit lauter „wichtigen“ Belanglosigkeiten ruinieren zu lassen.

Die Haare sind weg und die Haut ist dünn. Der Kampf gegen den Krebs ist schwer auszumachen. Was das eine Buch gut heisst, entwertet schon der nächste Mensch. Nichts ist richtig, nichts ist falsch. Ich trinke Kaffe mit etwas Zucker. Mache wenig Sport. Gehe aus und tanze mit richtig viel Alkohol. Die Visualisierungen haben mich nicht begeistert. Nachdem die Psychoonkologin selbst deren Nutzern bezweifelte stelle ich sie komplett ein. Keiner rügt mich. Wofür auch? Ich soll tun, was mir gut tut. Narrenfreiheit. Nichts ist richtig, nichts ist falsch. Wenn man nichts falsch machen kann, kann man auch nichts richtig machen. Wie soll ich kämpfen, ohne etwas richtig zu machen? Ohne Kampf bin ich machtlos.

Ich hänge wegen der Wutprobe voll in den Seilen. Keine Kraft mehr. Lethargisches machtloses Zappen im TV. Ich bin unsicher. Vor allem merke ich das daran, dass ich sehr viel rede, wenn jemand zu Besuch kommt. Viele Freunde fragen: „Was kann ich tun?“. Meine Antwort war immer: „Nichts. Ich hab alles, danke!“. Jetzt lautet sie anders. Bitte fordert und überrascht mich, mit Fragen und mit Taten, egal wie!

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2 Kommentare

  • DK-Dominik schreibt am Samstag, 14.4.2012 um 21:59 Uhr:

    Versteh ich nicht, wie kann das sein dass keiner weiß was gut und was schlecht ist ? So Binsenweisheiten wie leichten Sport betreiben, regelmäßigen Biorythmus leben, nichts extrem betreiben (also kein extremer Alkoholkonsum und so), etc.. gelten doch immer, oder ?!
    Was sind das für Visualisierungen ?

  • ff-webdesigner schreibt am Samstag, 14.4.2012 um 22:20 Uhr:

    Tja. Nichts ist richtig, nichts ist falsch. Visualisierungen: umsonst.

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