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Waschtag & Dreiländereck

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2015
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Der Rio Cangrejal gilt als eines der besten Wildwasser Mittelamerikas. In der Regenzeit ist er oft für Wochen unbefahrbar, dann strömt das Wasser über fünf Meter hohe Steinriesen. Jetzt im März ist er gut für Canyoning, ein paar hohe Sprünge in kalte Wildwasserpools, etwas Rafting und einen ordentlichen Vollwaschgang.

Der Schutzwall meiner Herberge in La Ceiba schaut aus wie eine Kreuzung aus Velociraptor und deutschem Jägerzaun. Er hat sicher zahlreiche Bösewichte erlegt – obwohl sein Jagdgebiet innerhalb einer Gated Community liegt. Honduras bleibt das zweite unter 80 bereisten Ländern, das mir permanent Angst machte.

Früh am nächsten Morgen breche ich ins 350 km westlich gelegene Guatemala auf. Der Grenzübergang ist eine kleine Hütte im Nirgendwo. Fast ohne Kontrolle sowie erstmals an einer Mittelamerikanischen Grenze ohne Geldeinsatz und Wartezeit werde ich ins nächste Land durchgewunken.

Das Licht ändert sich augenblicklich. Ich weiss nicht warum, vielleicht sind es die hier zwar auch noch allgegenwärtigen, doch viel liebevoller geschmiedeten Jägerzäune: Ich fühle mich wieder sicher. Die Menschen sprechen dich mit „Amigo“ statt „Muchacho“ an, und vor den Tankstellen und Banken stehen keine Pumpgun-Securities mehr.

Die Provinzhauptstadt Puerto Barrios ist der größte karibische Hafen Guatemalas. Hunderte Trucks liefern täglich über staubige Straßen Bananen und Ananas zum verschiffen für die Sklaventreiber von Chiquita und Dole am Hafen an. Die Seemänner und Trucker bescheren der Stadt einen einmaligen Ruf als Sexmetropole. Ob genügend Möglichkeiten zum Aggresionsabbau empfundene Sicherheit treibt mich früh ins Bett.

Am Morgen darauf setze ich mit einem kleinen Speedboat auf spiegeglattem Meer ins 60 km entfernte Punta Gorda in Belize über. Punta Gorda ist ein kleines verschlafenes Nest ohne jegliche Touristen. Nach der Fertigstellung des Highways nach Guatemala wird es sich vermutlich auflösen. Derzeit sparen mir eineinhalb Stunden Wassertaxi noch einen eintägigen Bogen mit dem Bus duchs Landesinnere Guatemalas. Panamericana, km 4.873. Das vorletzte Land meiner Reise ist erreicht.

Das Reisen überrascht wieder. Auf meine korrekte spanische Bitte um eine große Wasserflasche reagiert einer der sonst in Mittelamerika stets sehr geschäftigen Chinesischen Supermarktinhaber mit gelangweiltem Unverständnis. Mein Spanischkurs ist vorbei. In Belize spricht man Englisch.

Ich arbeite die wichtigsten Website-Aufträge ab, während das Radio höchst unterhaltsam in bester sozialistischer Tonlage und Wortwahl die Erfolge der Belizischen Regierung lobt und von der Bekämpfung von übelsten Drogenkartellen (4 g Marihuana) berichtet.

Abends entpuppt sich mein Herbergsopa als Sohn eines US-Präsidentenberaters. Sein gegenüber ist ein hochrangiger US-Militär aus Guantanamo. Ihre Geschichten sind fast so beängstigend wie interessant. Zur Albtraum-Vermeidung gebe ich mir eine Überdosis der bescheuertsten Serie aller Zeiten: „Vikings“ wirkt.

Noch vor Sonnenaufgang fährt der fünfstündige Gefriertransport nach Belize Stadt ab. Schon lange vor Kilometer 400 bilden sich Frostbeulen auf meinen Armen. Sie halten sich bis zum Speeboat auf die Cayes.

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