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Unsere kleine Farm @ Arthurs Pass

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#522
1501
2013
Di
23:21
Tag
2048
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Greymouth war einfach nur fade to grey. Auch bis Arthurs Pass pisst es munter weiter. Die Ex-Definition des Neuseeländischen Sommers lautete: “Wenn die Pausen zwischen dem Regen länger werden”. Mittlerweile bezeichnen sogar die neuseeländischen Medien diesen Sommer mit all seinen Überschwemmungen als “extrem verpisst”.

Wir kommen mit dem temporären Unregen einfach nicht klar, und wandern daher schnell zum Devil’s Punchhole. Im Schleier der Fälle fühlt sich Sommer wieder wie Sommer an. Ohne Regen haben wir langsam echte Probleme mit der Freizeitgestaltung. Aus reinem Frust verarschen wir Keas. Unbezahlbarer Spass, aber wohl auch Quell ihrer Aggressionen gegen sämtlichen anorganischen Weichteile.

Ulis Fuss ist auch knapp zwei Wochen nach dem Queen Charlotte Track noch angeschlagen. Aber mit den neuen Wanderschuhen aus dem Fachgeschäft ihres Vertrauens (“Hunting and Fishing”!) schafft sie zumindest einen drei-Stunden Track raus auf Bealeys Spur Hut auf ca. 1.500 Höhenmetern. Die Aussichten auf Arthurs Pass hauen auch unter Wolken um, der Anstieg durch Wald, Tussock-Almen und vollgesaugte Hochmoore sowieso.

Die Wellblech-Hütte ist eine alte Sommerunterkunft für die Schäfer auf dem hochgelegenen Sommerweiden aus dem Jahr 1929 und seit 1978 Teil des Nationalparks. Für Hütten auf berühmten Tracks zahlt man dieses Jahr schnell mal 54 $ die Nacht. Diese hier ist viel uriger, wunderbar kaputt, alt, umsonst und für uns ganz allein. Es dauert einige Zeit, die Feuerstelle mit dem moosbehangenem Regenwald der alpinen Umgebung einzuheizen. Aber als das Feuer erst mal brennt, unser Gaskocher das Essen heizt und die Plastikflaschen-Dusche den Schweiss des Aufstiegs gefressen hat, sind wir einfach nur glücklich auf unserer kleinen Farm. Essen. Feuerknacken. Früh schlafen.

Doch dann kommen sechs Israelis den Berg hinauf. Sie spielen Oktoberfest auf unserer bayerischen Farm. Laute Musik und Kletzmer-Krakelen bis in die späte Nacht. Unsere schön eingeheizte Hütte lassen sie beim Besteigen der ohnehin zu wenigen Betten zu lange offenstehen. Die werten Damen und Herren stört das mit ihren -7° Komforttemperatur Schlafsäcken nicht. Ich frier mir dank ihrer Ignoranz die ganze Nacht in meinem 400 gr Indoor-Schlafsack den Hintern ab.

Es reicht! Ich lege hier und jetzt diese dämlich deutsche Erbschuld ab! Ich hab keinen Bock mehr, jegliche Untat von irgendwelchen Vollpfosten positiv bewerten zu müssen, nur weil mein Großvater geschwiegen hat. Heute bin ich kein Deutscher, ich bin Palestinenser. Die Israelis belagern meine Heimat. Ich strecke meine Füsse bewusst weit auf jüdisches Gebiet. In dieser Kammer liegen zwei Palästinenser und sechs Israelis. Ich hole tief Luft. Spanne die Bauchmuskeln an. Und lasse aus meinem tiefsten Inneren und im vollen Bewusstsein politisch Korrektheit einen dicken Furz fahren. Gute Nacht, John-Boy!

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3 Kommentare

  • TommyKrebs schreibt am Donnerstag, 17.1.2013 um 12:09 Uhr:

    Bill Bryson hätte es nicht unterhaltsamer schreiben können. :-)

  • mom schreibt am Donnerstag, 17.1.2013 um 13:14 Uhr:

    meinst du, dass das geholfen hat? mom

  • Kai schreibt am Donnerstag, 17.1.2013 um 18:26 Uhr:

    Wunderbar! Habe soeben herzhaft gelacht. Weiter so!!!

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