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Im Navajo-Land & Arches National Park

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2007
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In den 80ern hing in jedem zweiten Jugendzimmer diese Indianer-Weisheit: “Erst wenn der letzte Baum gerodet…werdet ihr begreifen, dass man Geld nicht essen kann”. Heute morgen wollte ich den Antilope Canyon bei Page besuchen. Extra fast eine Stunde am Eingang gewartet, war zu früh auf. Im Prospekt stand: 6$ Eintritt. Was nicht drin stand: nur mit Führer. Der kostet zusätzlich 20$. Will man den Upper und den Lower Antilope Canyon sehen, verdoppelt sich das ganze. Für öffentliche Bilder (Blog) kommen dazu nochmal 35$ Fotolizenz.

Werte Monstertruck-fahrende Navajos! Erst wenn ihr den letzten Dollar gefressen habt, werdet ihr feststellen, dass man auch mit Holz Feuer machen kann. Ich fahr sauer mit quietschenden Reifen ab.

Auf dem Weg zum Arches National Park liegt so einiges, wie ich erst in der Nacht zuvor feststelle. Zuerst nehm ich eine alte Navajo-Indianerin mit. Definitiv mittelloser als die Mostertruck-Navajos von Page. Leider nicht so gesprächig, und ich hab keine Ahnung, wie weit man Navajos den Finger in die Nase schieben darf. Nach einer Stunde komm ich am Navajo National Monument an. Nach einem kurzen Trail öffnet sich der Blick auf einen roten Canyon. Unter einem Felsvorsprung liegt eine gut erhaltene Indianersiedlung aus dem 13. Jahrhundert.

Die Farben werden immer leuchtender. Die Felsen glühen. Ich fahre durchs Monument Valley. Das erste Mal in Amerika finde ich eine schnurgerade Straße, die mir gefällt. Jede Kurve würde das Tal entehren. Es geht weiter nach Utah, ich verlier unbemerkterweise mal wieder eine Stunde zwecks Zeitumstellung.

Danach brech ich vom Highway aus. Zum Glück. Aus der Hochebene geht es über eine abenteuerliche Staubpiste eine Verwerfung hoch, die genau wie die Monolithen im Monument Valley ausschaut. 500m über der Hochebene. Höhere Ebene. Im Osten bildet sich eine einzige große Superzelle. Während ich mit offenem Verdeck mal wieder Schweinebraten spiel, zucken vor mir Blitze aus dem Himmel und entfachen in einiger Entfernung mindestens einen Waldbrand.

Das Natural Bridges National Monument ist ein System aus verzweigten weißen Canyons. Weicher Schichten unten wurden ausgespült. Was bleibt sind Felsbrücken oben. Nach ein paar kurzen Trails geht’s weiter nach Moab, meinem Tagesziel. Die Herberge ist günstig, chaotisch, nette Leute. Rundherum bauen sich immer mehr bedrohliche Gewitter auf. Ich hab’s eilig, will das Licht im Arches National Park nutzen.

Auf meiner Reise hat mir bisher immer wieder der richtige Song am richtigen Ort gesagt: Du bist genau richtig hier. Seit ich einen MP3-Eingang im Auto hab, fallen diese Zeichen flach. Macht nix. Heute gibt’s viel eindeutigere Zeichen. Die Sonne scheint. Direkt über mir und dem Arches National Park. Rundherum sind überall dicke Wolken.

Eilig heize ich die Serpentinen nach oben. Das Licht der tiefen Sonne lässt die roten Felsen glühen. Die Wüste lebt. Feuer und Wüste, Gras und Himmel. Die Kontraste bringen mich mehrfach beinahe von der Straße ab. Ich trau mich immer nur kurz anhalten, die Gewitter rundherum könnten jederzeit das Licht zerstören.

Am Endpunkt gibt es mehrere Trails zu den verschiedenen Felsbögen. Ich machen einen kurzen 3km-Trail. Roter Staub-Sand. Verdrehte tote Mikro-Pinien. Den Foto auszuschalten wäre reine Energieverschwendung. Alle 3m gibt es Motive wie gemalt. Peter: hab glaub ich deinen Bilder-pro-Tag-Rekord gebrochen :-)

Ich gehe nicht, ich fliege, irgendwas knapp unter joggen. Das Licht kann jederzeit vom Gewitter getötet werden. Bei 36 Grad fällt mir auf, wie fein jetzt Wasser wäre. Was sagte das Schild? 1 Liter pro 2 Stunden? Dann lauf ich eben schneller. Meine Kehle kratzt.

Zurück am Auto wird meine Befürchtung wahr. Die Gewitter schieben sich vor die Sonne. Die lebendigen Feuer werden zu toten Felsen. Der Unterschied ist gewaltig. Fast schon langweilig jetzt. Es fängt an zu regnen. Ich heize noch schnell zu den letzten noch nicht erlegten Arches. Doch ohne das passende Licht sind alle Mäuse grau.

Erst nach 18.00h mache ich mich auf den Rückweg ins Tal. Ein Regenbogen steht über dem Park. Regenbogen? Woher kommt das Licht? Auf 300 Grad rund um mich tosen gewaltige Gewitter. Blitze, Donner, Wolkenbrüche. Nur in einer Richtung klart es nochmal auf: im Westen, direkt vor der untergehenden Sonne. Ich bin richtig, genau jetzt und genau hier.

Die Felsen leben wieder, leuchten noch heller als am Nachmittag. Noch ein Regenbogen. Dann seh ich einen zweiten Regenbogen über dem ersten. Träum ich? Keine Chance, alles auf ein Bild zu bringen. Unter dem ersten Regenbogen erscheint die Landschaft im Hintergrund gelblich, darüber normal. Wie ein Tor zu einer anderen Welt. Über dem zweiten Bogen verschwindet alles im diesigen Regen. Ich hab noch nie in meinem Leben etwas so schönes gesehen.

Letzte rot glühende Flecken auf den Bergen rundherum begleiten mich ins Tal. Moab wirkt jetzt so unendlich hässlich, obwohl es eigentlich ein nettes Städtchen ist. Ich kaufe Abendessen. Geselle mich zu einer lustigen Runde Deutscher und Schweizer auf ein paar Bier an den Tisch. Ich werde das Bild nicht los. Unbeschreiblich. Ich hoffe, die Bilder können.

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2 Kommentare

  • Peter schreibt am Freitag, 17.8.2007 um 3:00 Uhr:

    Frank, das sind die grossartigsten Fotos Deiner bisherigen Reise. Der Bericht ist poetisch- so kenne ich Dich gar nicht! Oh, wie ich Dich beneide! Peter

  • Carin schreibt am Freitag, 17.8.2007 um 4:22 Uhr:

    GEWALTIG! Solche Bilder, solche Beschreibungen- es haut mich um. So, als wäre ich dort gewesen. Ja, irgendwo beneide ich Dich auch. Diese unendliche Weite, diese fantastische Lichtspiel, die Farben- alles ist einfach umwerfend. Danke.

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