Der größte unabhängige deutsche Kitereisen-Blog - 296 Kitepots - 745 Reiseberichte.

Durch die Mojave Wüste

Post
#73
1008
2007
Fr
22:18
Tag
63
3.63 k views

Die Nacht verbringe ich mit zwei Katzen im Bett. Wenn man mal aufwacht und nicht weiß wo man ist, dann ist so ein Schnurren schon was feines. Am Morgen schau ich selber fast wie eine Katze aus, so voller Haare bin ich. Aber das war’s wert. Zu Greggs Soundselektion auf der lokalen Radiostation KCPR fahre ich ab.

Ich hab immernoch keinerlei Stays für die gesamte Woche. Für Las Vegas hab ich sogar nur zwei Absagen von Hostels. Also am Abend bei der Ankunft organisieren. Ich hasse das. Immer stressig. Ging schon einige Male ordentlich in die Hose, und macht alles meist noch teurer.

Ich fahre durch die Hügel hinter der Küste Zentralkaliforniens. Erst Wald, dann Savanne, schließlich Steppe, gefolgt von reiner Wüste. Auf 80 Meilen sehe ich vier Autos. Mittags mach ich den Cabriodeckel wieder zu, mein Schädel kocht. War dumm, ohne Wasser loszufahren. Korrigiere den Fehler in einem namenlosen Wüstenkaff. Ich geb mir ein Corn Dog. Auch ein Fehler, wie sich drei Stunden später rausstellt. Ich hab von Tankstellen-Fraß in den USA schon öfter Bauchkrämpfe bekommen als von allen Futter-Gefahren der Dominikanischen Republik zusammen.

Ab Bakersfield geht’s nur noch über Interstates. Es wird immer heißer. Den Topscore gibts auf Höhe Death Valley in der Mojave-Wüste mit 109° F (43° C). Cabrio ist mir jetzt egal, aber gute Klimaanlage ist Gold wert. Bis Las Vegas geht’s mehrfach auf über 1500m rauf. Am Straßenrand liegen alle paar hundert Meter heißgelaufene Autos. Die Abstände werden mit jeder Steigung geringer. Am Ende sehe ich Abschleppwagen, die gleich zwei Autos an der Angel haben.

Auf der Gegenspur Richtung LA war schon einige Male Stau. 20 Meilen vor Las Vegas erwischt’s auch mich. Ich steck im Stau in der Mojave Wüste fest. Auch Rammstein auf Voll-umme hilft nicht mehr. Glühender Frust. Ich wünsch mir Hunter S. Thompson als Beifahrer. Direkt neben der Interstate läuft der vollkommen freie alte Highway entlang. Komischerweise in keiner Karte verzeichnet. Tipp: bei Primm die Interstate verlassen. Zumindest bei Anreise an einem Freitag. Ich beglückwünsche mich zu meiner Entscheidung, am 17. von Salt Lake City nach Los Angeles in einem Rush zurückzufahren. 13h ohne Stau. Werden wohl eher 18. Mahlzeit.

Nach einer Stunde geht’s weiter. In Las Vegas angekommen suche ich einen offenen WiFi-Spot. Über eineinhalb Stunden. Alles dicht, gesichert, Logins. Sogar in den sonst freien Residential Areas. Erst um acht finde ich einen offenen Spot. Billigste bleibe: USAhostel weit weg vom Strip für 28$. Egal. Kann nicht mehr. Ich buche einen Tag.

Ich besorge mir ne Pizza, geselle mich zu ein paar Franzosen an den Pool. Die brauchen keinen Rideshare morgen, haben ein Auto zu dritt. Dazu noch viel billiger als meins und mit GPS. Bin schwer gefrustet und fühl mich ziemlich allein. Am Pool wird Wasser versprüht. Tropfen in die um 22h immernoch 37° heiße Luft. Mir ist kalt. Zeit für Death Valley.

Nachtrag. 5:00 morgens. Ich hab in den letzten Jahren einige Angewohnheiten übernommen. Über den ersten Mitbewohner meines Viererzimmers um 0:30 freu ich mich. Über die nächsten zwei um 4:30 überhaupt nicht. Sie öffnen leise die Tür, dann leise ihre Reißverschlüsse, durchwühlen leise knisternde Plastiktüten. Richten leise ihre quietschenden Betten her, schalten leise die schweinelaute Duschlüftung ein. Duschen ganz leise, furzen leise, reden leise. Alles so rücksichtsvoll langsam, dass sie schon nach einer halben Stunde bereit fürs Bett sind. Dann versuchen sie (ganz leise) die Funktionsweise ihres Schlosses am Stahlspind zu begreifen.

Endlich wach. Ich dampfe innerlich. Gehe raus. Qualme. Hab doch noch eine Email von einem Host aus Las Vegas bekommen. Ja, ich habe noch eine Unterkunft gefunden. Danke. In ein paar Stunden um neun werde ich ganz leise meinen Wecker ausschalten. Er steht auf acht.

CIMG2048
CIMG2023
CIMG2037


Rate it!

1 Stern2 Sterne3 Sterne4 Sterne5 Sterne
Loading...

2 Kommentare

  • Melly schreibt am Samstag, 11.8.2007 um 7:55 Uhr:

    Guten Morgen Frank,

    man ist nie allein, weil man hat immer noch sich selbst. Das ist im Zweifelsfall eine angenehmere Gesellschaft als irgendwelche Idioten. Auch leise Idioten.

    Gute Fahrt mit Deinem schicken Cabrio, findet Spiky übrigens auch sehr hübsch ;-)

  • ma schreibt am Sonntag, 12.8.2007 um 11:08 Uhr:

    Mehr Glück, bessere Aussichten und keinen Stress. Hoffentlich kannst Du alles wieder ausfindig machen, was Dir gut tut. Wieder super Fotos, tolle, poetische berichte. Danke. Ma

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Cookie Consent mit Real Cookie Banner