Eigentlich sollte man meinen, daß dank der Erderwärmung unter Trumps Hintern – verbunden mit mehr Wetterextremen – auch der Wind global zunehmen sollte. Vielleicht tut er das ja auch. Aber eben nicht dort, wo man ihn erwartet. Die bisherige Reise über mehr als 5.000 km in Schweiz, Frankreich, Nordspanien und Portugal bot sehr wenig Wind. Ich hatte gerade mal vier kitebare Tage – und ich spreche von nur einem wirklich guten Tag.
Nachdem selbst an meinem allerersten Kitespot Lagos, wo ich vor 19 Jahren beim ersten Ritt auf einem 2,20 m Waveboard dank einem Jahr vorangegangenen Trockenübungen gleich einen netten Kilometer downwind hinlegte absolut kein Wind aufkam – fuhr ich direkt weiter nach Mekkarifa. Doch selbst in Tarifa gabs mit seinen 300 Windtagen im Jahr zu Beginn erst mal vier Tage Flaute. (mehr …)
Muxia
Die Wolken hängen tief am nordwestlichen Ende von Spanien. Auf dem vierten Dorffest in vier Tagen spielen Galizier in Tracht Dudelsack. Ich esse Muscheln im angenehm kühlen Regen. Wäre nicht die lustige Sprache hier, die genau in der Mitte zwischen Spanisch und Portugiesisch liegt wäre das hier Schottland: alte Steinkirchen über der Felsenküste und viel Grün um das kleine Fischerdorf Muxia.
Das Ende des Jakobswegs, Santiago de Compostela, liegt gleich ums Eck. In meiner Herberge bin ich der einzige Kite-Pilger. Alle anderen sind Hatsch-Pilger. Sie hatten in Santiago di Compostela mit bis zu 800 km in den Beinen noch immern nicht genug – und machen noch eine kleine 120 km Nachspielzeit bis ans Ende der Welt in Fisterra. (mehr …)
Embalse de Ebro
Im nordspanischen Kantabrien springen die Berge direkt aus dem Atlantik auf über 1.000 m. Auf den nahen bis zu 2.400 m hohen Picos de Europa liegt selbst im Hochsommer noch Schnee. Das unglaublich grüne Land leuchtet im eigenartigem Sonnenlicht auf der Netzhaut wie Ahoi Brause auf der Zunge britzelt. Endloser blauer Himmel und das Meer legen eine Prise Tiegerbalm drunter und drüber.
Der Embalse de Ebro liegt gerade mal 50 km von der Küste entfernt auf 800 m in einem ganz anderen verlassenen Land. Die uralten Häuser sind aus Stein gebaut. Darin hängen Bilder von zwei Metern Schnee auf der einzigen Dorfstraße. Selbst jetzt im Hochsommer kratzt das Thermometer nach 42°C in Bilbao an nur angenehme 17°C – von unten. (mehr …)
Rise of the Silver Surfer
Kein Mensch, der jemals einen richtigen Hexenschuss Kategorie fünf hatte, kann sich je vorstellen, wie unendlich Superheld man sich nach dessen Exodus fühlt. Ich hatte gerade den schlimmsten Lumbago seit vielen Jahren. In einem Rollstuhl wäre ich die letzten drei Tage lang deutlich mobiler gewesen – hätte ich mich reinsetzen können. Nichts ging mehr.
Nach drei Tagen Physiotherapie erachtet der sehr fähige Surf-Doctor Navarro meine Rückenmuskeln als weich genug, um die Knochen einzurenken. 45 kg Physiotherapeutin besiegen den Schmerz auf Anhieb mit einem lauten Knacken. Von einer Sekunde auf die nächste bin ich praktisch vollkommen schmerzfrei. Ich bin nicht religiös. Mein Problem gab’s sicher schon vor 2000 Jahren. Ohne heutiges Wissen war der Messias die einzig plausible Erklärung. (mehr …)
Toreros? Tucken!
Es trägt rosa Strümpfe in Ballerinas, hat Perlweiss-Zähne unter Toupet-artigen Frisuren und tänzelt tuckig im Kreis? Eindeutig: Schwul, wie die Nacht schwarz ist. Die Spanier halten ihre Toreros jedoch für männliche Helden. Wir drei geben uns unsere erste Corrida. Wir rechneten mit Blut – und bekamen ein Schlachtfest.
Vor der Arena steht ein Auto mit dem Aufdruck „Carnices“. Sicher nur ein Zufall, denn der alte Spanier neben mir meint später, die Stiere würden nicht verspeist. Wir betreten die Arena auf der Sonnenseite. Die Sonne geht schon bald unter, und das ist auch gut so. Im Schatten packen wir unseren Wein aus. Er ist schon bald nötig. (mehr …)
Cut!
Am dritten Tag hackt der Wind in Tarifa mit guten 35 Knoten. Da wir am Abend sowieso Max vom Flughafen in Jerez de la Frontera abholen müssen, entscheiden wir uns, dem Wind nach Nord-Westen auszuweichen. In der schönen Bucht von Canos de Meca sind schon ein paar Kiter im auch hier noch recht starken sideshore-Wind bei eineinhalb Meter Seegang draussen.
Einige ältere Locals kommentieren die Windverhältnisse mit „Hasta manana!“ und packen schon mittags ein. Sie haben recht. Der Wind ist nicht nur stark und bockig, sondern auch mit reichlichen Null-Löchern durchsetzt. Wie an einem großen Flügel reisst die Strömung hinter der Landenge von Tarifa immerwieder einige Minuten vollkommen ab. (mehr …)
Himmel und Hölle
Wir fahren ein gutes Stück nach Bolonia. An einer überfeierten Piratenbar frage ich die letzte Überlebende. Sie weist gen Strand. Der einzige Surflehrer verweist uns. 5 km Strand, Platz ohne Ende, aber uns Kitern wird das Fliegen verboten. Frustriert kehren wir um. So wie es scheint, gibt es für Kiter in Tarifa nur einen einzigen freien Strand im Umkreis von 30 km, und selbst dort müssen wir uns mit 100 m Alleinherrschaft begnügen.
Für Kiter heisst es entweder „verboten bei Strafe“ oder aber Valdevaqueros / Spin-Out: Swimmung, Surfing, Kitesurfing – alles zusammen. Ja, es ist Höchstsaison. Ja, der Wind hackt entweder mit 25+ Knoten, oder er luscht wie heute mit Null-Löchern um die 14 rum, unentschlossen, ob er nun Levante oder Poniente genannt werden will. Wie auch immer: er schreit nach Sicherheiten. (mehr …)
Mekka!
Der erste Tag in Mekka bringt uns das was wir erwartet haben: Erleuchtung. Da Regligion wohl nie einfach ist, sind auch die Winde hier ziemlich herausfordernd. Am Valdevaqueros Beach, dem Haupt-Kitebeach ein paar Kilometer nord-westlich Tarifas sind wir fast die ersten. Der Levante ist da schon lang aktiv.
Noch lang vor der Mittags-Meute reichen mir um 10 Uhr morgens meine 9m² ganz locker für den ersten Ritt durch Mekka. Der Levante schwankt nicht nur stark im 15-Minuten Mittel, er ist auch noch ordentlich bockig und leicht ablandig. Nach knapp 2h bin ich ziemlich alle und gehe an Land. Himmel ist anders, aber in Mekka kiten zu dürfen ist trotzdem eine Ehre. (mehr …)
Pilgerfahrt
Kurz vor der Landung in Jerez de la Frontera durchfliegt die Maschine heftige Turbulenzen. Turbulenzen sind so ziemlich das einzige, was mir immer Angst macht. Richtig Angst. Ich kann nicht erklären, wie das eine dem anderen nicht wiedersprechen kann. Aber:Turbulenzen killen mich – und ohne Wind würde ich niemals leben wollen.Die Maschine setzt auf und rollt in die Landeposition. Die Türen gehen auf, und 37° heisse Luft strömt herein.
37°, das ist ziemlich genau die Temperatur menschlichen Blutes. Dieser Sommer am südlichsten Zipfel Eurpas ist deutlich kühler als der zweite Ägyptische Frühling. Am Ausgang des Flughafens steht ein Schild: „Salida sin retorno – Ausgang ohne Wiederkehr“. Ich schreite schnell nach draussen. (mehr …)
Fuerteventura @ Flag Beach!
Flag Beach veranstaltet ein Barbecue. Die Nacht danach ist lang, schräg und ungesund. Am Samstag kommt endlich der Wind, aber ich den ganzen Tag nicht aus dem Bett. Sonntag passt der Name endlich: Fuerteventura @ Flag Beach. Der Wind hat endlich gedreht und weht bockig mit 15-30 Knoten sideshore aus Süd.
Viele bleiben heute am Strand. Falsche Kitegrößen oder Angst vor den Böen. Sollte man alle mal auf Kur an den Brombachsee schicken. Die Böen sind recht derb, aber im Vergleich zum Brombachsee immernoch schnuckelig. Meine 12er fahre ich trotzdem zeitweise am letzten Ende der Depower hängend. (mehr …)
Kitesurfen in Sotavento
Der Morgen danach ist schlimm, Frühstück undenkbar. Ein windsuchender Italiener von gestern meldet guten Wind. Wir fahren nochmal 120km nach Sotavento und sind am Mittag mit die ersten auf dem Wasser. Die nächsten sechs Stunden sind ein Traum. In anfangs 15 Knoten Sideshore nehmen wir recht große Kites und kämpfen uns durch das Schlachtfeld poppender Kite-Schüler.
Alles ist perfekt. Dominiks erstes Ozean-Kiten. Hohe Sprünge, laminarer Wind, 200m breiter Strand, Platz bis zum umfallen. Fast perfekt. Dominik wird’s irgendwann ob der letzten Nachtschicht schlecht. Oder wegen McFrüchstück. Er gibt auf jeden fall den Tipp, daß man sich doch besser nicht im Luv des eigenen Kites übergeben sollte. Lee wäre da viel angebrachter. (mehr …)
Kitesurfen auf Teneriffa
Regenkite in El Medano
Nach drei Tagen Flaute kommt endlich der Wind auf Teneriffa an. Am Morgen seh ich kurz aufeinander folgend satte fünf Regenbogen vom Balkon aus und weiss: heute passiert was. Ich packe mein Zeug und beame mich nach El Medano – die Ausfahrt hab ich wieder nicht gefunden.
Riders on the storm
Ich geh mit einigen Leuten vom Kurs los auf eine wilde Nacht. Viele Bars werden’s nicht. Wir bleiben bis drei Uhr in der gleichen wunderschönen Marmalade Bar hängen. In Barcelona lernt man ohne weiteres pro Stunde 10 Leute aus 20 Nationen kennen. Alles ist bunt gemischt, es gibt Geschichten aus der ganzen Welt.
Am nächsten Morgen wackelt die Welt. Klar, war ja ne heftige Nacht denke ich. Aber das ist es nicht. Das Haus wackelt wirklich. Der angekündigte Sturm ist mit Spitzen weit über 100km/h in Barcelona eingefallen. Morgennachrichten: vier Menschen starben, drei wurden ins Meer gerissen, hunderte Notfälle, Chaos. Ich geh auf die Straße. Der Sturm spielt Roller-Domino. Die längste Reihe, die ich gesehen hab bestand aus sieben umgefallenen Rollern. (mehr …)
Barcelona unkitebar
Windfinder hatte recht. Heute kommt der Wind. Kaum ist der Kurs aus, packe ich mein Brett und Kite und stürze mich in die nächste Ubahn zum Strand. Die Barcelonesen schauen mich alle etwas dümmlich an. Was ist los? Wir haben 17 Grad, das ist warm, ihr dürft eure Polarmäntel ausziehen!
Am Strand komme ich keine Sekunde ins zweifeln. Der Wind ist voll ablandig, durch ganz Barcelona massig verwirbelt und wechselt im 5-Sekunden-Rythmus von 0 auf 50km/h. Auf der Wasseroberfläche sieht man ihn tanzen, links, rechts, vor, zurück. Dann wieder Sandstrahlung ins Gesicht und eine Böe senkrecht von oben. Kiten ist das schönste Ding von Welt. Vor allem wenn man sich danach drüber freuen kann. Ich bleibe an Land. (mehr …)