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Ifugao-Slacklining in Banaue

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2011
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Noch vor dem Frühstück machen wir eine kleine Wanderung zu den hängenden Särgen von Sagada. Die Ifugao beerdigen ihre Leute hängend in Felswänden oder in einer der zahlreichen Höhlen. Beim Frühstück lernen wir zwei nette Backpacker aus Holland und Italien kennen. Sie bewunderten schon gestern meine Park-Fähigkeiten. Daher halten sie mich jetzt für einen sicheren Fahrer. Wir nehmen sie mit nach Banaue.

Es regnet weiter in Strömen. Der Weg führt über einen derben Feldweg 500m tiefer ins Tal. Die Achse scheint zu überleben. Es klart kurz auf, die ersten Reisterrassen erscheinen zwischen Nebelschwaden. Dann ist die Straße wegen einem Landslide komplett gesperrt. Ein Bagger schaufelt ein paar Tonnen auf einen Truck, dann geht’s weiter.

Eigentlich dachte ich, nach gestern kann der Weg heute nicht mehr schlimmer werden. Geht aber doch. Der “Highway” ist auf langen Teilen nur noch ein Feldweg mit wunderbar tiefen Fahrrinnen. Wir schlagen mehrfach auf Felsen auf. Das Auto scheint hart im Nehmen zu sein. Sturzbäche ergießen sich über die Wege. Wenn der Highway mal geteert ist, dann ist nach spätestens einem Kilometer wenigstens genauso lange die Hangseite komplett von einem Landslide verdeckt. Die Talseite der Straße begnügt hingegen oft mit simpler Inexistenz. Für die 50km nach Banaue brauchen wir gute zwei Stunden.

Wir fahren durch das Land des Bergvolks der Ifugao. Hauptmerkmal: Essen. Die Ifugao essen gerne und oft, vor allem schräge Sachen. Eine lokale Spezialität ist Balut: halb ausgebrütete Hühner-Embryonen. Stammzellenforscher der Welt: Hier ist euer Himmel, schwingt die Hufe! Ansonsten gäb’s da noch Hunde auf der Speisekarte. So blöd wie die hier ständig überall auf der Straße rumliegen kann deren Fleisch allerdings nicht wirklich halal sein. Bestenfalls Michelin.

Das größte Werk der Ifugao sind ihre Reisterrassen. Seit mehr als 2000 Jahren bauen sie diese in die steilen Berge. Es gibt hier Orte, an denen die ganze Welt nur noch wie eine gigantische grüne Maya-Pyramide aussieht. Die Farbe grün haben die Ifugao übrigens auch erfunden. Ich spreche Gott sogar den dritten Tag der Genesis ab: auch Wasser und Erde haben die Ifugao erfunden. Vor allem Wasser.

In den Reiseführern und von der UNESCO werden ihre Reisterrassen immer wieder als das achte Weltwunder bezeichnet. Ich hatte leider keine Zeit für längere philosophische Abhandlungen mit den Ifugao. Aber ganz ehrlich: wenn ich mir 2000 Jahre lang den Arsch aufgerissen hätte, um meine Umwelt so zu gestalten, dass sie mich ernährt, und dann käme irgendsoein neuzeitlicher Kulturfuzzi daher und würde das als “Wunder” bezeichnen: Ich wäre verdammt angepisst.

Wir steigen ab in einem günstigen Hotel, checken kurz ins Internet und machen uns dann auf den Weg zu einem kleinen Spaziergang. Der Spaziergang wird etwas mehr als erwartet. Durch die ersten Reisterrassen steigen wir im Permaregen ein paar hundert Höhenmeter durch kleine Dörfer in den Regenwald über Banaue auf. Erst jetzt schnalle ich, was die Burschen hier vollbrachten. Die derbsten Hänge haben eine Steigung von ca. 70%. Wir balancieren über die Abgrenzungen der Reisterrassen die Hänge nach oben. Die Breite der rutschigen Natursteinmauern schwankt zwischen 10 und 40 cm. Ifugao Slacklining.

Beim Ausrutschen hat man zweierlei Optionen: links nasse Füsse, rechts freier Fall zwischen drei und 20 Metern. Uli entscheidet sich dreimal für nasse Füsse, bis wir an einem Wasserfall ankommen. Wir durchwandern die Wolken. Regenjacken sind im Regenwald vollkommen vergeblich. Entweder man schwitzt alles voll oder man duscht freiluft. Es pisst permanent weiter. Einmal reisst der Nebel kurz auf. Alles was wir heute zu sehen bekommen ist eine grobe Ahnung davon, wie unendlich schön es hier sein muss, wenn man weiter als 50m schauen kann.

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Ein Kommentar

  • tommykrebs schreibt am Mittwoch, 16.11.2011 um 21:59 Uhr:

    Mensch Frank, endlich mal wieder unterwegs und ich hab was zu lesen. Mich kriegste nach meiner Weltreise max. bis zum nächsten Supermarkt. haha… Also fange ich mal am Anfang, dem 2.Nov. an zu lesen… bin gespannt was so bisher passiert ist.

    Viele Grüße vom TommyKrebs

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