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King Of Cuyo

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2019
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Der zweite Taifun kostet uns eine ganze Woche. Sonntag Abend läuft die Milagrosa endlich aus Iloilo aus. Jeder freut sich masslos. Zusammen mit einem Cuyo-Polizisten vom letzten Besuch leeren wir auf Deck einige Red Horse. Er bestätigt alle meine Vorurteile gegenüber Cuyo. Pro 24 Stunden Schicht haben bis zu sechs Polizisten bis zu sechs Vorkommnisse. Bis. Zu.

Die Roten Rösser sind der Treibstoff für meine Meisterprüfung in Seefestigkeit. Im Laufe der Nacht frischt der Wind auf bis zu 35 Knoten auf. Mit ihm kommt der heftigste Seegang meiner fünf Überquerungen der berüchtigten Sulu See. Die stabile Seitenlage wird reichlich instabil. Schlafen geht einzig – und wenig – auf dem Rücken. Abwärts summe ich Tom Petty, aufwärts Joe Cocker. Brecher von bis zu fünf Meter Höhe fliegen über den Bug und erschüttern den Rumpf der 40 m langen Milagrosa J5.

Als die höchsten Wellen früh morgens durch das leckende Bullauge im Oberdeck dringen bekomme ich es zum ersten Mal seit langer Zeit auf Reisen ernsthaft mit Angst zu tun. Dann laufen wir nach 15,5 Stunden Fahrt endlich in Cuyo ein. 12 Stunden davon waren permanente Achterbahn. Kleine bunte Kites tanzen voll angeballert über dem türkisblauem Flachwasser hinter der Jetty von Cuyo. Der Anblick rechtfertigt jedwede Angst.

Direkt nach dem Checkin in Nikkis Pension mache ich mich mit Kiter Buddy King George aus Liverpool auf an den nahen Capusan Beach. Die Flut ist vorüber, das Wasser läuft aus und die anderen 10 Kiter sind schon auf Mittagspause. Wir haben die ganze türkise Flachwasser-Bucht hinter der Sandbank und weitere zwei Quadratkilometer Flachwasser bis zum Riff komplett für uns allein. Der Weltraum. Unendliche Weiten….

Der Wind ballert mit netten 27 bis 32 Knoten. Mein geliebter 10er Core XR4 ist ziemlich am Limit. Egal. Alles ist gut. Das Wasser spritzt und der Wind rauscht. In allem Flachwasser-Heizen werde ich unendlich ruhig. Endlich zu hause. Die Magie hält nonstop satte fünf Tage. Jeden einzelnen Tag liefert der Amihan laminare satte 18 bis 28 Knoten Grundwind. An den starken Tagen fühlt sich der 10er Core XR4 gut an. An den anderen der 13er Ozone Edge.

Der Meister der Cuyo Watersports Association Jing meint da wären einige Big Airs dabei gewesen. Fühlte sich gar nicht so an. Doch die Woo gibt mir dann doch jeden Tag zwischen 6 und 8 Metern Höhe und irgendwas im Mittelfeld des Big Air Asia Leaderboards. Ich fühle mich wie der König von Cuyo. Vor allem weil King George mit seinem Kurkuma-Tipp das schafft, was kein Arzt in 20 Jahren schaffte. Ein Gewürz reduziert die chronischen Kite-Knieschmerzen derart erfolgreich dass ich auch nach etlichen heftigen Einschlägen in die Lieblings-Sprungrichtung noch jede Treppe vorwärts runterkomme. Danke, King George!

Es ist nicht nur das Kiten. Die Einwohner Cuyos sind ein ganz besonderer Schlag. Philippinos sind generell die freundlichsten Menschen der Welt. Auf Cuyo sind sie die freundlichsten der Philippinen. Sie geben dir allesamt ein rundum gutes Gefühl. Polizist Nick bringt als Dank für das Abliefern eines beim letzten Besuch gefundenen Goldkettchens ein spitzenmäßiges Hendl aus seiner Grillstation vorbei. Er besteht darauf. Zusammen mit der Riesenportion Kinilaw meiner Lieblingsköchin Haydees vom nahen Markt zerreisst mich die Gastfreundschaft Cuyos.

Die Kinder spielen zum allabendlichen Himmelsporno am Strand. Es sind immernoch wenige Reisende und Expats auf Cuyo. Alle sind urgemütlich. Mit Abba, Feuerwerk und jede Menge LED-Weihnachtspalmen wird vor der alten Kirche Advent gefeiert. Die halbe Insel kommte bis zu eine Stunde zu Fuss zusammen.

Selbst wenn Philippinos vor 5.000 Menschen singen: es ist immer schräg. Doch statt wie bisher zu lachen kommen mir diesesmal andere Gedanken. Wir Europäer und vor allem Bayern würden niemals singen oder tanzen wenn nicht perfekt. Wenn man das Gesicht verlieren könnte. Lieber schweigen als Leben genießen und einen Lacher riskieren. Philippinos dagegen machen es einfach. Lachen. Leben. Vollkommen neben dem Ton und dem Takt, in einer wunderbaren Imperfektion. Das erscheint mir jetzt nicht mehr lustig. Es ist schlichtweg ehrfurcheinflößend.

Der Friede auf dieser abgelegenen Insel ist allumfassend. Nach fünf von fünf Tagen guten starken Winden mache ich mich auf den Weg zu den letzten drei Kitespots der Reise. Die Fähre ist natürlich wieder einen dreiviertel Tag verspätet. Doch es gibt schlimmere Orte zum hängenbleiben. King George bleibt zurück. Von der Fähre schaue ich der Sonne über Cuyo beim aufgehen zu und freue mich schon jetzt auf den nächsten Besuch.

Cuyo Kitespot Pro

  • Das größte zweitgrösste Flachwasser-Revier der Philippinen. In der Bucht ultra-Flachwasser. Noch grösser und geiler ist einzig Cagbalete.
  • Auch ausserhalb auf 2km² bis zum Riff sehr flach
  • in der Bucht keinerlei Steine oder Gefahren, ab 300 m ausserhalb muss man etwas aufpassen
  • Platz ohne Ende. Maximal 20 Kiter zur Hochsaison
  • Verlässliche Winde zwischen 15 und 25 Knoten von Dezember und Februar
  • Nette gut nutzbare Riffwelle 1 km upwind
  • Friedlicher sicherer Ort. Kites kann man ohne Problem ein paar Stunden unbeaufsichtigt am Strand liegen lassen.
  • Cuyo Watersports Association bietet Leihmaterial, Kurse und Reparaturen
  • Aus der Bucht abtreibende Kiter landen automatisch auf der nächsten Insel. Rescue mit lokalen Fischern kostet fast nichts.
  • Etliche Inseln der Umgebung bieten weitere Kitespots und sind mit privaten Bankas günstig zu erreichen.
  • Günstige, saubere Unterkunft Nikkis Pension direkt am Strand 300 m vor dem Kitespot

Cuyo Kitespot Contra

  • Ausserhalb der Bucht kann man bei Ebbe nur schwer oder nach weitem laufen sicher kiten
  • Das Riff ist dann kaum / nur sehr gefährlich überquerbar
  • Angeblich gibt es eine neue Umweltgebühr – die toppt mit 300 PHP sogar Boracay. Einfach dem schweren Diabetes-Menschen aus dem Weg gehen. Er ist der einzige der kassiert.
  • Alle drei Fähren (Milagrosa, Montenegro, Blessed Sea Journey) sind recht alt und chronisch verspätet
  • Anreise geht nur via Puerto Princesa und Iloilo (2-3 mal pro Woche) sowie Coron (1 mal pro Woche)
  • Die Überfahrt durch die Sulu See kann mit Seegang bis zu fünf Metern vor allem ab Puerto Princesa sehr heftig sein
  • kaum Nachtleben und nur kleine Shops
  • wenige Restaurants
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