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Taifun Slow Down @ Palawan

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#702
0711
2019
Do
13:09
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Die heftigsten drei Arbeitsmonate aus 20 Jahren Webdesign liegen 10.000 km hinter mir. Ebenso die allumfassende Pornobeschallung Marke Esoteriksauna Eching am Flughafen Kuwait. Nach 28 Stunden Anreise zerfliessen sogar die Gesprächsthemen des parmagackernden Terrortösen-Quartetts im fünfstündigen Speedvan von Puerto Princessa nach El Nido im Nichts.

Vor sieben Jahren steckten wir auf der mehr als eintägigen Reise in die andere Richtung mit dem Jeepney irgendwann in 40 cm tiefen Schlamm auf einer Dschungelpiste in den Bergen fest. Heute regieren Asphalt und darauf schlafende Hunde. Ich schaue aus dem Fenster durch den schweren Regen. Wasserbüffel grasen in Reisfeldern. Reiher geiern im Tag Team um sie herum nach aufgeschreckten Spekulatius.

Die Kloakustik unseres Rennfahrers toppt sogar Antenne Bayern. Alle Verkehrsschilder werden von Tanduhay gesponsort. Oben Rum, unten “Slow Down”. Das ist weder eine Aufforderung noch ein Witz. Es ist eine Feststellung. Alles bremst, und alles ist gut.

Beim Ausstieg in El Nido stelle ich fest, daß mein Handy offensichtlich ganz unbemerkt den Scotty gemacht hat. Es hat sich aus dem Bus weggebeamt, laut Google Tracking irgendwo 100 km vor Ankunft an einer Tanke in Taytay. Handyverlust. Slow Down. Keine Panik wie die kleine zweiundzwanzigjährige Deutsche die denselben Verlust einen ganzen Nachmittag lang vor zwei Jahren irgendwo in Peru trotz – oder wegen – meines Tröstens bitterlich beweinte.

Sauber gejetlagged schlafen wir sehr spät und schlecht. Am nächsten Abend kommt nach zahlreichen helfenden Phlippinischen Kontakten der erlösende Anruf auf Steffis Nummer: Handy gefunden! Die ehrlichsten und aufrichtigsten Menschen der Welt bringen es mir quer über halb Palawan bis kurz vor die Haustür. Wo passieren noch solche wunderbare Sachen? Philipinen, Palawan. Slow down and tip the right way!

El Nido hat sich binnen der sieben Jahre seit meinem letzten Besuch locker verdoppelt – wenn nicht vervierfacht. Bumbum Discos und sechsstöckige Betonklötze haben die letzten kleinen Strandhütten verdrängt. Wir hassen es beide. Schöne Sachen passieren allerdings immer dann, wenn du nichts erwartest. Unser Gold hier: der Englischlehrer Adam aus Manchester. Weit gereist, spritzig im Geist und durchaus trinkfest. Rote Rösser reiten lange durch die Nacht, und die Jugend ist mogens platt.

Nach wenig Schlaf springen wir am nächsten Morgen auf ein Boot und touren eine paar Inseln ab. An jedem Ankerpunkt liegen zwischen 10 und 50 Bankas mit jeweils 15 bis 20 Touristen. Die Riffe sind allesamt Zombies und die Musik oft laut. Rum fliesst aus Cocosnüssen. Die Inseln rund um El Nido sind wunderschön – aber ohne strikte Regulierung hat sich hier alles binnen wenigen Jahren von Paradies in eine reine Terrortouri-Hölle verwandelt. Tut El Nido was gutes und bleibt weg! Die wahren Phlippinen sind ganz was anderes. Sie sind ruhig und wunderschön einsam.

Wir suchen die Stille 20 km nördlich am Nacpan Beach. Dummerweise haben wir übersehen, dass er anscheinend gerade von Tripadvisor zum schönsten Strand der Philippinen auserkoren wurde. Welch ein Schwachsinn! Ja, er ist schön und breit und sandig – ungefähr so wie 43.758 andere Strände auf einer der 7.000 Inseln der Philippinen. Am nächsten Morgen rollt ein nicht enden wollender Convoi aus Motorrädern, Trikes und Minivans über die Schlammpiste zum Strand. Wir überholen Sie barfuss. Such deinen eigenen Traumstrand! Es ist der ohne Stau am Eingang…

Nachmittags wird der Wind immer stärker. Meine erste Diagnose “Regenzeit und Habagat Wind halten wohl dieses Jahr etwas länger” erweist sich als falsch. Auf Windy tobt eine Purpurschnecke vom Südchinesischen Meer her Richtung Palawan. Die Ausläufer des mächtigen Taifuns drehen die Windrichtung um 180 Grad und sorgen eine ganze Woche lang täglich für massiven Regen. In einer Trockenphase baue ich den Siebener in der kleinen Bucht neben dem Nacpan Beach auf. Das Meer kocht in brodelnden Wellen unter bockigen 25 bis 35 Knoten. Steffi zweifelt zurecht daran ob ihr erster Starthelfer in diesen Bedinungen wirklich erfolgreich absolviert werden könnte. Ich packe ein. Wenig später hacken Böen ganze Mülltonnen selbst im windgeschützten Hinterland um. Abbrechen war definitiv die richtige Entscheidung.

Am Abend erfahren wir dass der einzige Weg nach Norden, die flugpreisige Speedfähre nach Coron dank Taifun wohl für wenigstens drei Tage ausfallen wird. Nach der Absage zweier Mitreisender für die monatelang zuvor geplante fünftägige Banka Tour nach Coron ist das die zweite große Planänderung binnen gerade mal drei Tagen. Nordpalawan. Full Stop. Enjoy the Philippines: vollgas!

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Ein Kommentar

  • Akosisam schreibt am Freitag, 8.11.2019 um 9:59 Uhr:

    Beim Schreiben nicht nur Gefühle rauslassen und gleichzeitig Cool wirken wollen. Wie auch beim Reisen. Wer zuhören kann, kann auch für andere schreiben. Wer die Augen öffnet, sieht.

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