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Aus: Tralien

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#187
0103
2008
Sa
14:44
Tag
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Ich hasse Sprüche wie “Was dich nicht umbringt macht dich härter.” Oder “Wahre Freunde erkennt man in der Not”. Warum? Weil sie immer wahr sind. Ich mag einfach keine Sinnsprüche, die immer stimmen. Leben ist viel komplizierter. Doch bei wenigen Sachen: vollkommen klar und einfach. Muss ich jetzt dafür dankbar sein?

In wenigen Situationen gibt’s keine Optionen. Wo man sonst hundert Möglichkeiten hat, bleibt im Extremen oft nur noch ein Weg übrig. Der ist meist hart. Das Danach muss also großartig sein, weil wunderbar flauschig-weich. Ach ja, und hell. Mit roten Glühbirnen und blauen Blumen auf beiden Seiten und so. Menschen danach werden andere sein. Bessere.

Nummer 1: Härter werden. Ich darf wieder alles tragen. 43kg 2km zur Busstation. Dann zum Hostel in Cairns. Dann zum Bus zum Flughafen. Und Samstag Nacht wohl ohne ÖPNV einmal quer durch Melbourne. Ohne zu wissen wohin. Diejenigen auf dem Weg, die ich bemitleidete, als sie sagten: “Wir leben mit 20€ am Tag” sind jetzt meine Brüder.

Nummer 2: Wahre Freunde. Einen schönen Gruß an alle Freunde denen ich je geholfen habe. Denen ich sagte: gib’s mir zurück wenn du kannst oder ich es brauche. So viele Freunde konnten so lange nicht. Ich brauche mein Geld und eure Worte jetzt mehr denn je. Kein Freund kann es mehr brauchen. Ich bitte euch: gebt zurück. Und freue mich schon darauf, bald erkennen zu dürfen, wer Freund ist.

Was bleibt? Jedes Ende ist ein Anfang. Diesen hier mag ich mal wieder gar nicht. Andererseits hat mich Australien bisher maßlos enttäuscht und gelangweilt. Nichts ist schlimmer als Langweile. Naja, vielleicht Langweile auf Weltreise. Also, werte Zukunft, lass die den Hintern versohlen!

Die letzte gestrige Nacht führt mich direkt in den einzigen Pub von Cardwell. Das Publikum ist alt und sehr betrunken. Kein Problem, kann ich auch: alt und betrunken sein.

Am Nebentisch unterhält sich eine Gruppe über mich. In einer Weise, die ich noch nie erlebt hab. Sie kennen meine gesamte Geschichte hier, ohne dass ich ein Wort erzählt hätte. Sie gehen von Idaho über Depression zu Spare Engine. Der Slang ist heftig, aber dass ich so wenig versteh und so taub bin kann kein Mensch glauben. Außer Tratschfetischisten vielleicht.

Ein Trucker und ein Spanner gesellen sich an meinen Tisch. Der Trucker ist 30 und schaut aus wie 40. Der Spanner ist keiner und heißt Spanna. Ich ergebe mich noch bis zur Dreimaßlosigkeit, dann will ich ins Bett. Spanna will weiter. “Meeting people” meint er. Ich folge ihm ins letzte mir noch unbekannte Hostel. Der Blick des Häuptlings ist traurig, genau wie seine Stimme als er Spanna sagt: “No, ye godda go.”.

Die Abfuhr macht mich nicht traurig. Traurig macht mich nur, dass der Mensch, der mir einen Lift nach Cairns anbietet, der dort Ex-Frau und Kinder hat: diese Abfuhr nicht akzeptieren kann. Mensch, es ist so leicht seine Zeit zu verschwenden an Orten, an denen du nicht willkommen bist! Warum willst du das nicht verstehen? Es gibt so viele Orte.

Tags darauf findet der Mechaniker keinen Verschrotter, der das Auto will. Er gibt mir 100$. Die netten Leute vom Hostel in Cardwell lassen mich für 50$ etwas an ihrer Homepage arbeiten. Spanna ist unerreichbar, ich muss nochmal den Bus nehmen. Ein echter Arsch von einem Busfahrer zockt 60% Kiteboard-Aufschlag für die Fahrt nach Cairns ab.

Dort geh ich nochmal eine Nacht so richtig ordentlich verloren. Ein Mädel schießt Bilder von mir und präsentiert lallend die Ergebnisse. Mein Gesicht schaut genau so aus wie’s mir geht.

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