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PKA Kite Championship Bulalacao

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#708
0212
2019
Mo
7:13
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Bulalacao ist das Philippinische Wort für Meteor. Der Name ist Programm. In der Bucht des kleinen Dorfes im Süden Mindoros ballert der Wind wirklich kometenhaft über das Wasser. Die PKA veranstaltet hier drei Tage lang die Philippinische Kitesurf-Meisterschaft in Race, Hangtime, Freestyle und Foil. Mehr als 50 internationale Fahrer messen sich unter wirklich harten Bedingungen.

Unsere kleine Gruppe mit lokalem Kiter Buddy Cocoy und Expat Jens kommt spät nachts in einem Truck voll Spaß beladen von der Fähre. Die Insel schläft. Schon früh am nächsten Morgen steht der Wind in der Felipa Lodge nahe dem Hafen sehr gut an. Bis Mittag nimmt er noch deutlich zu. Die Forecast der nächsten Tage bietet ein bockiges All You Can Eat Menü zwischen 15 und 40 Knoten. Sie soll recht behalten.

Ich kitesurfe seit 20 Jahren und habe noch nie an einem Wettbewerb teilgenommen. Kitesurfen ist meine Religion. Wettkamp ist also sowas wie Wett-Beten für mich. Aber bei derart starken Winden können auch alte Schwergewichte wie ich mal Gas geben. Für gute 60 € schreibt sich unsere kleine Gruppe ein bei Hangtime und Race.

Viele Fahrer der letzten beiden Stops anfang diesen Jahres auf Lakawon und Sicogon sind wieder dabei. Die Bandbreite reicht von jungen Locals die gerade erst begonnen haben bis rauf zu Olympioniken. Gerade die jungen Philippinos schrauben sich zwischen den beiden Jettys immerwieder in ultra bockigen bis zu 40 Knoten auf über zehn Meter rauf. Die Dorfjugend jubelt noch genauso enthusiastisch wie bei meinem ersten Besuch mit Kiter Freund Max 2012 – da waren wir hier vermutlich die zweiten Kiter.

Der Spot in Bulalacao bietet genug Platz für alle, allerdings liegen am Strand und im Wasser einige sehr scharfe kleine Korallenstücke herum – viele Fahrer schneiden sich die Füße ordentlich auf. Ein paarmal reissen auch Böen Fahrer mit sich über den Strand. Der Wind bläst sideon bis sideshore – das Rettungsboot hat in den stark schwankenden Winden einige Einsätze. Wenn ihr hier kitesurfen wollt passt bitte auf! Es sind wirklich mit Abstand die bockigsten Winde der ganzen Philippinen.

Gleich am ersten Abend findet eine Feier mit Bürgermeister und Provinzgouverneur im By The Sea Hotel statt. Der Unterschied zwischen top gekleideten Angestellten in feinen Hemden und blitzblanken Schuhen und eher vagabundischen Kitern wirkt skuril. Tanduhay und Bier fliessen ordentlich zu Essen und Livemusik. Ordentlich erkältet gehe ich früh ins Bett.

Am nächsten morgen steigt zunächst der Hangtime Wettbewerb. Es gibt keine richtige Kitegröße in Bulalacao. Zehn Minuten säufst du am 13er ab. Direkt darauf kannst du mit 10 m² keinen Bodenkontakt mehr halten. Es geht um Hangtime. Also baue ich erst mal den 13er Edge auf. Mein erster Proberitt geht fünf Minuten gut, dann frischt der Wind auf Spitzenwerte um die 32 Knoten auf. Landen geht nur noch mit einem sichernden Helfer hinter dir. Ich baue den 10er XR4 auf. Der Wind passt ein paar Minuten, ich verschnarche jedoch den Beginn unseres Hangtime-Laufs. Selbst meine bescheidenen Probehüpfer kommen nicht in die Wertung – ich versemmle ausnahmslos jede Landung.

Im darauf folgenden Freestyle lassen es vor allem die Locals so richtig krachen. Alleine ihre Landungen auf der Kamera in Zeitlupe anzuschauen tut körperlich weh. Sie schenken sich nichts und fahren alle als gäbe es kein Morgen.

Am späten Nachmittag und dem ganzen nächsten Tag finden die Wettrennen in mehreren Klassen statt. Der Wind bleibt weiterhin sehr wechselnd. Die ersten zwei von vier Rennen laufen in guten 25 bis 30 Knoten gut für mich. Obwohl ich die Strategie hinter dem fliegenden Start erst ab dem dritten Rennen halbwegs schnalle lande ich bei den ersten beiden Rennen im Mittelfeld. Mein Handy macht sogar den ersten Platz in der Android Klasse: ich habe es beim Starten in der Boardshort vergessen. Es stirbt einen zum Glück explosionsfreien feuchten Heldentod im menschlichen Mittelfeld. Das dritte Rennen ist durchsetzt von langen Windlöchern. Ich brauche ewig bis ich um die luvseitige Boje komme. Das vierte Rennen muss ich in nur noch 14 Knoten als schwerster Reiter des Feldes abbrechen.

Meine Freunde Cocoy und Jens beenden als zweiter und sechster. Kathrin räumt so ziemlich alles ab was abzuräumen ist und belegt nur erste Plätze in allen Disziplinen. Die Preisgelder sind dieses Jahr mit 12.000 $ nochmal deutlich höher als letztes Jahr und finanzieren hier einigen Fahrern wirklich einen guten Teil vom Leben. Nach einer wie üblich epischen Abschlussfeier bis spät in die Nacht mit gutem DJ aus Boracay, live Drums und Unmengen Spaß wandern am nächsten Morgen 50 reichlich ge-hangoverte Kiter zum Plastiksammeln über den Strand. Vielen Dank an die Organisatoren, war wieder ein wunderbarer Event!

Nach einer sehr schnellen Siegerehrung fliehen alle schnell von der Insel. In nur drei Wochen Reisen zur „Nicht-Taifun-Saison“ steht bereits der zweite große Taifun vor der Tür. Ab spätem Vormittag fahren keinerlei Fähren mehr. Auch der Flugverkehr wird kurz darauf eingestellt. Meine Halbzeitbilanz zur Hauptwindzeit liegt mit sechs Kite-Tagen im dunkelroten Bereich.

Ich springe in einen Minivan und fahre über steile Berge auf die andere Seite der Insel nach San Jose. Kaufe ein neues Handy. Hier sagen sich Armut und Erbärmlichkeit gute Nacht. Das beste Restaurant ist McDonalds. Ich arbeite einige Tage im nobelsten Hotel des Ortes. Es hat seine besten Zeiten weit hinter sich. Das Handy bimmelt unter permanenten Katastrophen-SMS der Regierung…

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