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PKA @ Sicogon

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2019
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Vor einigen Wochen schlugen mir die guten Leute von Hangin Kite auf Boracay vor, die Philippinische Kitesurf-Meisterschaft auf Sicogon zu besuchen. Dank gerade mal acht Stunden Verspätung der Fähre von Cuyo zurück nach Antique geht der Plan auf. Mit einem Spanischen Lehrer und einer Hamburger Wettkampfteilnehmerin rase ich im Speedvan zweieinhalb Stunden von Iloilo nach Estancia.

Am nächsten Nachmittag geht es mit einer Banka voller Wettkämpfer eine dreiviertel Stunde rüber nach Sicogon. Austragungsort ist das noble Huni Resort. Der Infinity Pool fliesst direkt in den endlosen weissblauen Horizont über dem Spot. Dank Zimmern jenseits der 100 € Grenze quartieren wir uns im etwas günstigeren Balay Kogon ein. Der Pfad dorthin ist momentan noch so schmal, daß dich nur Motorräder über zwei Kilometer dorthin bringen können.

Die gesamte Insel Sicogon ist in der Hand einer einzigen Familie. Die Familie liebt The Sims. Bewohner werden umgesiedelt, Resort-Entwicklungsgebiete ausgewiesen. Die Deezer schieben überall Nachtschichten. Der kleine Flughafen wurde aus seinem jahrzehntelangen Dornröschenschlaf erweckt. Goldgräberstimmung herrscht allerorts. Die Preise sollten bald sinken. Derzeit ist Sicogon noch ein echte Luxuspflaster, die Zimmer gibt es ab fünffachem Philippinischen Durchschnitt, die Cola zum zehnfachen – es sei denn man geht an den zahlreichen Wächtern vorbei zur lokalen Videoke-Bar nebenan, dort kostet alles nur 50% mehr.

Nach zwei Wochen echten und sehr einfachen Philippinen freue ich mich masslos über Klimaanlage in der Luxushütte am Strand – und jeden Tag frisch gemachte Duft-Betten. Im Bad suche ich zunächst unbemerkt Eimer und Schöpfkelle – dann schaue ich nach oben, sehe den Duschkopf und heisses Wasser läuft über breites Grinsen. Es ist so schön, zu wissen wie wenig man braucht – und wie schön es ist mal wieder mehr zu haben.

Die Competition läuft zwei Tage lang im unteren Windbereich ab. Das erste Rennen wird nach einiger Zeit mangels Wind abgebrochen. In luschigen acht Knoten arbeite ich an Homepages im seit kurzen auf Sicogon gut laufenden Mobilfunknetz. Aus der Anlage fliesst chilliger Elektrosound in den blauen Infinity Pool. Alle Surfer sind synchron: keiner ist besser, schlechter, anders oder irgendwas. Just a lazy day. Mein Kitebag bleibt am Strand liegen. Am nächsten Mittag bedankt er sich gleicherorts persönlich für den schönen Sonnenaufgang und das Vertrauen in das Gute im Menschen.

Am zweiten Tag reicht der schwache Wind für das Rennen und ein paar kleine Airstyle Hüpfer. Meine Nachbarin belegt den ersten Platz. Ich belege einen anderen: an 13m² saufe ich in türkisblauem Paradieswasser ab – und der Edge stallt in einem Luftloch, noch bevor ich wenigstens einen halben Refrain von Nazareths „Dream on“ zuende singen kann. Wo sind die bösen Worte, wo bleibt das fiese Motzen? Seit acht Tagen ist der Wind unter meinen Minimalbedürfnissen von 15 Knoten, und weit und breit kein schwarzer Schlumpf in Sicht. Ich arbeite im schönsten Büro, Schneideraum und Musikstudio der Welt.

Sicogon liegt noch in der besten Windregion der Philippinen. Der Wind am Balay Kogon und Huni Resort kommt in der Regel 45° sideon von rechts. Vor dem Huni Resort kann man nur ab Tidenmittelstand kiten, bei Ebbe muss man über Korallen und Felsen 300 m weit zum Riff rauslaufen. Nur die letzten 80 m vor dem Strand sind steinfrei. Vor dem Balay Kogon kann man auch bei Ebbe kiten, allerdings befinden sich im Lee ein paar Felsen und Klippen mit dem Restaurant des Resorts oben drauf. Notanlanden geht nur dahinter.

Das letzte Abendmahl. Ich hasse Muscheln. Eigentlich. Die Dinger hier sind süss wie Bonbons. Mein Teller bricht unter einem Berg leerer Muschelschalen. Der Australische Wettkampfhelfer knallt sturzbesoffen auf die Steinplatten vor dem Luxus-Restaurant. Die roten Rösser reiten wieder, und ich werde schwach. Schwalben-Schwärme explodieren beim Klatschen aus einer Palme.

Rüber mit dem Motorbike durch die Nacht an den Strand zum Spanischen Lehrer. Der 2013er Taifun bescherte Backpackern Hilfe: in stehengebliebenen Expeditionszelten der Hilfsorganisationen kann man hier doch auch günstig nächtigen, und selbst der Webdesigner konnte nirgends irgendwelche Infos hierzu finden. Die Wellen rauschen, ein Handy spielt „Sitting on the dock of the bay“, und die Sterne leuchten um die Wette. Alles ist gut.

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