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Re:racay oder Borawhy?

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2019
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Boracay ist seit meinem letzten Besuch vor sieben Jahren kaum wiederzuerkennen. Das einzige was bleibt ist die Dichte der Bebauung und der Menschenmassen – obwohl ca. 25% aller Gebäude als illegal deklariert und abgerissen wurden. Boracay hat gerade mal drei Monate nach der Wiedereröffnung noch bei weitem nicht die Buchungszahlen von zuvor erreicht.

Als der Philippinische Präsident Duterte Boracay 2018 besuchte nannte er die Insel eine „Kloake“. Damit lag er gar nicht so falsch. 2012 kiteten wir am Bulabog nach jedem mittleren Regenguss Slalom zwischen schwimmender Kacke und Kondomen. Weite Teile der Insel rochen wie Misthaufen. Mit der halbjährigen Komplettsperrung und Generalsanierung ist zumindest das heute passé.

In den 70ern war Boracay eine kleine fast vollkommen tourismusbefreite Fischerinsel mit ein paar Backpackern. Dann erklärte irgendein großes Magazin Anfang der 80er den White Beach zum schönsten Strand der Welt – und alle anderen schlossen sich der Meinung an. Es folgte eine unglaublich rasante Entwicklung zu einem der weltweit dichtesten touristischen Hotspots.

Die Hauptstraße war viel zu eng für die gigantischen Pilgerströme. Tuktuks lohnten sich tagsüber nie: zu Fuss warst du immer deutlich schneller, egal wie weit. Heute ist die Straße breit. Die Häuser an den Seiten wurden einfach in der Mitte abgesägt und die Strasse verbreitert. An manchen Stellen trägt sie noch die Fliesen alter Badezimmer. Stahl-Armierungen ragen aus zahlreichen Löchern. Betrunken im dunkeln heimkommen tut schnell ordentlich weh.

Die Generalsanierung ist noch bei weitem nicht abgeschlossen. Bagger graben Tag und Nacht alte Kanäle aus und neue ein. Betonmischer fahren am Strand. Hunderte Arbeiter vergraben einen Meter breite Kanalrohre Made in Germany unter den größtenteils noch inexistenten Gehsteigen. Daher lohnen auch die E-Tuktuks heute tagsüber kaum. Die direkt ins Meer mündenden Abwasserleitungen wurden versperrt.

Zahlreiche alte Hostels wie z.b. das dreistöckige nur aus Bambus und wirklich piratös erbaute Habagat am Bulabog Beach wurden abgerissen. An Stelle der charmanten Improvisationsarchitektur alter Tage stehen jetzt strahlend weisse Luxusunterkünfte. Auch die auf den Hügeln südlich des Bulabog illegal im Wald errichteten Luxus-Condos sollen abgerissen werden. Die vordere Hälfte aller alten Häuser am Bulabog wird bald einer Strandpromenade weichen. Auch ein paar alte Märkte und ärmliche Häuser der Bewohner sind leider der Renovierung zum Opfer gefallen. Ich verstehe jetzt warum zur Generalsanierung ein komplettes Militärbataillon auf Boracay stationiert wurde.

Da mit den alten Straßen auch die alten Strommasten verschwanden hängen heute gerne mal ein paar hundert Leitungen zwischen sich biegenden Pfosten tief in den Gehweg. Die resultierenden Stromausfälle halten sich mit im Schnitt drei Stunden pro Tag in Grenzen. Es sei denn der zentrale Tranformator von Boracay explodiert, wie am vierten Tag geschehen. Dann gibts mal einen ganzen Tag keinen Strom, es sei denn du residierst in einem Luxusresort mit eigenem Blockgenerator. Ausserhalb wird die Nacht ohne Klimaanlage angenehem feucht und mückig in tropischen 85% Luftfeuchte. Auch fliessendes Wasser gibt es nicht immer.

Trotz der Dichte zwischen den Baustellen ist Boracay schon jetzt einen Besuch wert. Die Chinesen machen heute leicht 75% aller Besucher aus. Eine Gruppe vor McDonalds bekommt gerade vom Megaphon-Führer vermutlich einen Auszug aus dem Sexualdelikte-Register von Ronald McDonald geliefert. Zumindest meine ich das aus ihrer versteinerten Mimik lesen zu können. Danach strömen sie zum Kite Beach, latschen zwischen allen starten Kites über ausgelegte Leinen und schießen künstlerisch höchst wertvolle Bilder mit Victory-Zeichen und uns Kitern im Hintergrund. Ich fühl mich wie ein Tier. Es hüpft mit Schimpansen-Kreischen vor den Chinesen herum. Die verstehen das natürlich nicht. Aber dem Tier gehts gut.

Wind & Kitespot Boracay An den ersten Tagen luscht der Habagat etwas zwischen 15 und 20 löchrigen Knoten rum, teilweise kiten wir uns richtig sauber in tropischen Regengüssen. Maximal 50 Kiter sind am Wasser. Am fünften Tag frischt der Wind endlich auf Richung Standard und laminaren 25 Knoten. Ich verliebe mich sofort in die 10m² meines XR4. Die Hangtime geht heute oft über fünf Sekunden. Meine zweite Sonnenbrille verliere ich bei einem Crash zwischen heute ca. 100 Kitern auf den 500 mal 2000 m der Bulabog Bucht. Die Kiter-Dichte ist akzeptabel, fast alle fahren recht rücksichtsvoll und die Schulen haben noch wenig Kunden.

Ein paar Stunden rund um die Ebbe bauen sich in der Mitte der Bucht recht gut nutzbare kleine Kicker auf. Zur Flut ist die gesamte Bucht eine einzige kabbelige Badewanne, nur kurz vor dem schmalen Strand gibts etwas Flachwasser. Flaggen im Kite wie früher muss man nicht mehr erwerben, und deinen Startort kannst du dir vor einer der Kiteschulen frei wählen. Niemand kassiert Windnutzungsgebühren, und sie bieten dir den Kompressor an. Gebt den Helfern Tipps! Die Leute von Isla Kite und Hangin waren durch die Bank super hilfreich und freundlich, auch wenn man keine der hier wirklich teuren Daytrips (z.B. Seco Island, ab ca. 80 €) bucht.

Bei Ebbe sollte man auf keinen Fall übers Saumriff fahren, das Wasser ist dann stellenweise nur zehn Zentimeter tief. Auch nach der Flut ragen ein paar Korallenblöcke in der Mitte des Riffs aus dem Wasser. Das Wasser ist zur Ebbe nur maximal 70 cm tief  – aber an vielen Stellen schön Flach für Big Airs. An manchen Tagen dreht der Wind nicht auf Nordost, dann kommt er im nördlichen Teil der Bucht sehr löchrig über die Hügel im Norden der Bucht. Weiter südlich ist er meist konstanter und etwas stärker. Seeigel gibt es wegen jetzt sauberem Wasser kaum mehr welche. Ich erwische den vermutlich letzten. Für Anfänger empfehlen sich wegen den einzelnen scharfen Steinen und Korallenblöcken Neoprenschuhe.

Meine acht Tage auf Boracay brachten 100%, jeden Tag wenigstens 16 Knoten Grundwind. Ein Tag war sehr löchrig, zwei Tage schön stark mit ca. 25 Knoten. Die restlichen Tage waren meist zwischen 18 und 22 Knoten.

ACHTUNG! CHINESEN! Passt am Strand darauf auf, euren Kite auf keinen Fall in die Einfallschneisen der Chinesen zu legen. SIE LAUFEN ÜBER ALLES DRÜBER – am letzten Tag auch über meinen Kite. Strut geplatzt, Tube hinüber, Reparatur aufwändig und daher sogar hier 50 €. Wertverlust nochmal 150 €, und der Vollidiot der auf meinen Altar pinkelte ist natürlich einfach abgehauen. Wickelt immer eure Lines auf!

Meine Unterkunft Lazy Dog liegt in einer ruhigen Seitengasse und gerade mal zwei Leinenlängen vom Startplatz entfernt. Das Essen ist gut und die Zimmerpreise liegen im mittleren Bereich.

Boracay PRO:

  • Beste Kite-Infrastruktur der Philippinen
  • Großer Stehbereich
  • Gute Starthelfer
  • Massig Auswahl an guten auch internationalen Restaurants
  • Massig gute Clubs und Bars

Boracay CONTRA:

  • Schon jetzt sehr dicht, trotz -25% Bebauung
  • Zumindest im Zentrum Menschenmassen, ausserhalb ok
  • derzeit einge Stromausfälle und Wasserausfälle
  • derzeit eine einzige 5km Baustelle, Löcher in den Straßen, keine Gehsteige
  • daher oft Stau
  • Preis sind auf Boracay im Schnitt wenigstens doppelt so hoch wie im Rest der Philippinen
  • ignorante Chinesen mitten in der Startzone, laufen über alles drüber
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