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Geld wechseln in den USA

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#25
1306
2007
Mi
22:05
Tag
5
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Gestern war’s gar kein Problem, nahe der 5th Avenue Geld zu wechseln. Heute war ich weit abseits, auf Autosuche am Northern Boulevard in Long Island. Das Erlebnis war so geil, dass es das einzige beschriebene für heute sein soll.

Ich: Tach, kann ich hier Geld wechseln?

Banker: Wie, Geld?

Ich: Ja, so, Euro halt in US-Dollar. Ich zeige die Euro.

Banker: Kriegt große Augen, schaut mich an wie nen Ausserirdischen. Ach so, sie meinen Geld umtauschen, wechseln praktisch?

Ich: denk mir still: Jip. Genau wie geschildert, du Matschbirne. Reiche ihm die Euro.

Banker: schaut die Banknoten ganz genau an, befühlt sie, scheint dran zu riechen. Schaut sich helfend um. Rennt einfach mit dem Geld, ohne dass ich oder er es vorher nochmal gezählt hätte in nen Hinterraum. Versichert sich hinten anscheinend, dass Banken wirklich mit Geld zu tun haben. Anscheinend bekommt er leicht positive Zusagen von hinten. Kommt wieder nach vorne. Zählt das Geld. Halt. Verzählt. Nochmal. Schaut sich wieder helfend um, winkt eine andere Angestellte zu sich. Zusammen schaffen sie es, einen konkreten Betrag festzustellen.

Ich: bin kurz davor, ihm durch die Panzerscheibe hindurch meine Hand zu reichen, ihm zu seiner Leistung zu gratulieren und ihn in seinen weiteren Taten zu bekräftigen. Seine Stirn wird immer feuchter, das macht mir Sorgen. War nicht meine Intention.

Banker:
Fängt mit zittrigen Fingern an, nach Formularen zu kramen und diese auszufüllen. Dürften insgesamt so um die 8 Seiten gewesen sein. Haben Sie einen Pass dabei?

Ich: bitteschön.

Banker: Und eine Kreditkarte?

Ich: will nix von der Kreditkarte, nur einfach Geld umtauschen. Reiche ihm schweigend die Kreditkarte. Die Schlange hinter mir ist inzwischen auf ungefähr 10 potentielle Exkunden angewachsen.

Banker: greift zittrig nach der Karte, notiert alles gewissenhaft auf mehrere Formulare, holt sich mehrfach Hilfe bei weiteren Angestellten, während der erste Schweißtropfen von seiner Stirn ein Formular befeuchtet und seine linke Hand krampfhaft mein Geld umklammert. Er zählt das Geld nochmal, reicht es dann zur Vergewisserung einer zweiten Angestellten, welche deutlich professioneller zählt: 100er-Häufchen, 50er-Häufchen, 20er-Häufchen. Sehr beeindruckend.

Ich: tippse mit den Fingern. Hinter mir formieren sich erste Laute des Unmutes aus der inzwischen auf 15 potentielle Exkunden angewachsenen Schlange.

Banker: kriegt davon zum Glück nix mit. Sonst würde er noch mehr schwitzen. Zählt nochmal das Geld. Ständig winkt er wieder nach Hilfen, zum Ausfüllen von Formularen, oder um überhaupt zu erfahren, welche denn noch nötig sind. Sein Taschenrechner läuft Gefahr, an einem feuchtigkeitsbedingten Kurzschluss zu Grunde zu gehen. Sie wissen, dass hierfür Gebühren fällig werden?

Ich:
Ja, klar. Oder gebt ihr nur Marsmenschen mit Opalen als Währung 8% Abschlag auf den Wechselkurs? Ich schau mich um. 20 böse blickende Latinos. Ich meine den Geruch fauler Tomaten und Eier wahrzunehmen. Der Luftraum ist allerdings noch sauber. Würden Eier wohl auch Panzerglas durchschlagen?

Banker:
schafft’s endlich, den korrekten Auszahlungsbetrag zu ermitteln. Schiebt mir ein kleines Bündel vollgeschwitzter Dollarnoten durch den Schlitz.

Ich: verkneif mir, die Scheine mit nem Taschentuch abzuwischen. Er ist Latino, genau wie die 25 genervten potentiellen Exkunden hinter mir. Ziehe den Kopf tief zwischen die Schultern, stopf das Geld ungeordnet in die Hosentasche und verlasse nach schlappen 30 Minuten im Laufschritt die Bank.

Fazit: Kreditkarten in den USA sind praktisch, schnell und billig.
Bargeld ist kompliziert, dauert ewig und ist schweineteuer.
Aber deutlich amüsanter.

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2 Kommentare

  • Peter schreibt am Donnerstag, 14.6.2007 um 13:57 Uhr:

    Hi, Frank, Deine Berichte sind Klasse. Werde Dich für den Pulitzer- Preis vorschlagen. Weiter so! Peter

  • Melly schreibt am Donnerstag, 14.6.2007 um 19:24 Uhr:

    Nein, nein- so geht das nicht Frank!!!
    Von einem hochintellektuellen Menschen wie Dir hätte ich mehr interkulturelle Kompetenzen erwartet. Sich in andere Länder und deren Sitten hineinzuversetzen ist eine heutzutage nicht zu unterschätzende Fähigkeit, die im internationalen Business kaum wegzudenken ist.
    Der Mann von Welt kann sich auf Reisen nahtlos in jede Situation einfügen! Er trägt zum Beispiel niemals saftgrüne Gamaschen wenn er in Angola eine Telefonzelle betritt, selbst wenn es sich nur um ein Ortsgespräch handelt. Nie würde er in Feuerland seinen Schweinebraten mit einem Strohhalm zu sich nehmen. Nicht einmal die Knödel!

    Also wenn Du das nächste Mal in die Bank gehst, machst Du das bitte so:

    REQUISITEN:
    – 1 liter Selbstbräuner (2 Tage vorher dick mit dem Pinsel auftragen)
    – Bunt gemustertes Hemd, bei dem mindestens die oberen 3 Knöpfe fehlen
    – dicke Goldkette mit Kreuzanhänger
    – Pilotenbrille mit Strasssteinchen
    – 1 Flasche Axe Stinkmax Eau de Toilette (kurz voher über Kopf ausschütten)
    – Kroko-Aktenkoffer voller geknüllter Euro-Noten (unnummeriert!)

    ORT:
    Banca Corrupta, Zweigstelle New York- Hinterdupfing

    HANDLUNG:

    Francisco betritt die Bank: ¡Hola! Bin armer Chico Campesino aus Castillo Pluvial. Can I wash my cash -eh- change my money here?

    Banker: Wie, Geld?

    Francisco zeigt den Geldkoffer: Tengo mucho Euro mas nada Dollar.

    Banker kriegt große Augen, hat noch nie so viel Bargeld gesehen: Interesting, was ist denn das für ne Währung?

    Francisco schiebt ein paar geknüllte Scheine rüber: Euro! Want see?

    Banker schaut die Banknoten ganz genau an, befühlt sie, riecht daran: Nice, schön bunt aber riechen komisch.

    Francisco: ¡Seguramente! Hat Mamà auch lange dran gemalt. Unfortunatelly war der Keller ziemlich modrig und der Farbkopierer teuer.

    Banker nickt anerkennend: Saubere Arbeit! Wait a minute, ich werde das mal meinem Kollegen zeigen. Der ist Grafiker.

    -Aus dem hinteren Teil der Bank sind begeisterte Rufe zu hören-

    Banker kommt mit glänzenden Augen zurück: Was hätten Sie gerne für die Scheine? Wir wollen damit unseren Pausenraum tapezieren. Do you have these Euro vielleicht auch in Plastik?

    Francisco: ¿Plàstik?

    Banker: Well, aus Plastik wären sie abwischbar, wenn wir mal wieder unseren Starbucksfrappeesupersizeextralattewithoutcoffee verschütten…

    Francisco: ¡que le den por culo! Wir nix mache in Pastik! Only echte Euro!

    Banker: Keep Calm! Wir hätten noch 33 Dollar in bar da und ein paar Opale, die wir Marsmenschen als 8% Abschlag auf den Wechselkurs berechnet haben.

    Francisco: ¡Fantàstico! Die Opale kann ich gegen ein Marsauto eintauschen und bis nach Novosibirsk fahren!!! Toll!

    Glücklich tanzen Francisco und der Banker gemeinsam auf die Straße und singen dabei laut *I like to be in America….* aus Westside-Story. Enthusiastisch werfen sie mit Dollar- und Euronoten um sich.

    -ENDE-

    ABSPANN:

    Francisco = Frank
    Bankmensch= John Cash
    Euro = Dollar
    Kamera = Blin D. Schleiche
    Licht = Rob Dunkel
    Ton = MP3 Surround
    Regie & Schnitt = Melly

    Und falls wir jetzt den Oscar oder sonst einen hübschen Preis fürs Flaschenregal Sauffe bei Ikea bekommen, dann schon mal danke an Mama, Papa und Hamster Spiky für die exzellente Ausbildung in Sachen Film!
    Demnächst im Kino…

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