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Abel Tasman Coastal Track XL

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#147
2312
2007
So
18:12
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Um 9 Uhr Morgens geht’s los. Der Abel Tasman Coastal Track schlängelt sich die ganze Zeit durch die Hügel an der Küste entlang. Links ist immer dichter Dschungel oder Wald, rechts das azurblaue Meer und goldgelber Strand. Massig Boote und Kajaks touren umher. Immer wieder laufen wilde Hühner über den Weg, manchmal mit Küken. Der südliche Teil ist eher unspektakulär. War ich vorher in Fiji? Hab ich die schönsten Strände der Welt schon gesehen?

Am Vorabend hab ich zwecks Gewichtsreduktion sogar nicht mehr benötigte Kartenteile abgerissen. Mein Rucksack ist trotzdem zu schwer. Die Schultern verspannen sich ordentlich, mein Bauchgurt kann ich zwecks falscher Schnalle nicht zuziehen. Volle 17kg sind ein großer Unterschied zum gewohnten Daypack.

Nach drei Stunden komme ich in der Anchorage Bay an. Jack London ist leider gerade nicht da, Gold hab ich auch keines gefunden. Wenigstens zugehen tut’s wie in Alaska 1880. In der Anchorage Bay gibt’s eine DOC Hütte und frisches Wasser. Ich vernichte so viel Essen wie geht, mein Gepäck muss noch leichter werden. Nach einer Stunde geht es weiter.

Ich war nie Wanderer, und ich bin noch nie so weit gelaufen. Dieser Track ist mein Test für den Heaphy. Das einzige was mich begleitet ist mein MP3-Player. Endlich habe ich mal Zeit, all die Musik durchzuhören, die mir Freunde auf den Weg mitgegeben haben. Hier mal herzlichen Dank, Megan und Suhail! Eure Musik hat mich über einige steile Anstiege gebracht.

Es ist gerade Ebbe. Das bedeutet ich kann nach der Anchorage Bay einen kleinen Alternativ-Weg durch einen halbtrockenen Meeresarm machen. Millionen von Krebsen verkriechen sich in meinem Schatten im Watt. Es riecht umwerfend nach Muscheln. Direkt neben mir geht ein Fischreiher fremd und vergeht sich an ihnen.

Auf der anderen Seite der Bucht schlängelt sich der Pfad wie gewohnt durchs niedrige Küstengebirge. Eine Stunde später komme ich in der Torrent Bay an. Die Kiwis führen selbst Filesharing Ad Absurdum: In Torrent Bay gibt’s weder Piraten, noch Raubkopien. Geschweige denn Internet. Ich hab nachgefragt.

Der letzte Teil des Weges vor der Bark Bay geht happig bergauf und bergab, eine Hängebrücke spannt sich über einen breiten Fluss. Immer wieder kleine goldgelbe Strände. Gegen vier komme ich nach ca 24km in der Bark Bay an, greif mir eine Koje in der DOC-Hütte und nehm eine eiskalte Dusche.

Donald Wildente fordert eindringlichen den zehnten des Abendessen. Sein Körperumfang zeigt, dass er hierbei sehr erfolgreich ist. Lässt sich sogar streicheln für Futter. Auch in der DOC-Hütte sind viele Deutsche. In der Nacht schlafe ich schlecht, zu viele Schnarcher teilen sich einen Raum.

Auf dem Abel Tasman Coastal Track muss man einige Wegabschnitte nach den Gezeiten planen. Die Buchten laufen in langen Wattflächen seicht ins Meer aus. Durchquerungen sind oft nur bei Ebbe nötig. Ich kann daher heute etwas später aufbrechen. Der Pfad geht weiter durch den Urwald, nach eineinhalb Stunden kommt der erste Strand mit einer gezeitenabhängigen Flussdurchquerung.

Nach zweieinhalb Stunden seh ich ein Schild: Awaroa Lodge Cafe. Steht in keiner meiner Karten. Ich nehme den Abstecher und lande in keinem Cafe, sondern einer traumhaften 5 Sterne Ökö-Lodge in einer kleinen Bucht. Die Tische sind massive Holzplatten. Das Gedeck ist vollzählig. Das schönste ist immer das unerwartete.

Überglücklich gönne ich mir ein mehrgängiges gutes – und warmes – Mittagessen. Auf den DOC-Hütten gibt’s noch nicht mal Kocher. Ich lebe seit zwei Tagen von Müsliriegeln. Die Preise des Restaurants sind moderat für das Gebotene. Und wenn’s doppelt so teuer gewesen wäre hätte ich trotzdem zugeschlagen. Mein Laptop kriegt neuen Saft und ich einen guten Cappuccino.

Gegen zwei muss ich weiter. Die Gezeiten schreiben eine Durchquerung der Awaroa Bay gegen 14.40h vor. Ich hätte hier gerne einen weiteren Tagesstop eingelegt, aber die Awaroa Hut war ausgebucht. Ich mutiere zur Laufmaschine, die verspannten Schultern spür ich nicht mehr. Der Schweiß fließt in Strömen. Mein rechtes Knie schreit nach Urlaub. Ich weise es darauf hin, dass dies hier Urlaub ist und bitte um Ruhe.

Auf den nächsten 10km folgt wieder eine schöne Bucht nach der anderen. Zwei Amis hatten mir den Tipp gegeben, unbedingt bis ganz zum Ende durchzugehen. Die meisten Wanderer stoppen nach vier Tagen in Totaranui. Aber erst danach wird der Track richtig schön einsam und die Strände zu echten Traumstränden. Was die Amis nicht sagten: hier gibt es auch mit Abstand die heftigsten Steigungen.

Am letzten Strand klappe ich fast zusammen. Die Tour ist hart. Aber ich werde es schaffen. Nicht irgendwie, sondern all inclusive. Das bedeutet heute auch noch den Abstecher zum Separation Point zu machen. Hier geht die Tasman Bay über in die Golden Bay. Das nördliche Ende des Nationalparks.

Es geht über einige Klippen am Strand, dann sehr steil 200 Höhenmeter auf den letzten Berg. Auf der Rückseite folgt der Abstieg zum Meer. Erst ein Pfad, dann 50 Höhenmeter klettern über Klippen. Ein Schild sagt davor: Rucksack ablegen. Webdesigner, seinen Laptop unbewacht zurücklassen? Out of my cold dead Hands! Ganz unten warten Tölpel und eine kleine Seelöwenkolonie auf mich. Nett, aber an den balzenden Seeelefanten in Kalifornien war ich 100m näher dran.

Der Restweg ist hart. Kein Wasser. Die Waden-Sehne unter dem rechten Knie schreit jetzt permanent. Es geht über einige weitere steile Berge in die Whariwharangi Bay. Hier landete Abel Tasman als erstes. Die DOC-Hütte ist ein altes Farmhaus aus dem 19. Jahrhundert. Eine britische Familie hat schon den Kamin angeschürt. Ihre Kinder laufen mir über den Rücken, aber heute hilf wohl nix mehr. 30km. Fix und alle.

Der letzte Tag ist nur ein halber. Zum Ende des Nationalparks ist es nicht mehr weit. Mein Bein ist noch schlimmer. Ich kann kaum mehr auftreten. Dazu hab ich den Grund für meine verspannten Schultern gefunden: Die Naht zum Bauchgurt meines Rucksacks ist aufgegangen. Das heißt wohl Heaphy Ade. Ich humple so schnell wie möglich 6km über den letzten Berg zur Wainui Bay. Trotzdem verpasse ich den Bus um 10 Minuten. Ein netter Kiwi gibt mir einen Ride nach Pohara. Hätte keinen Meter weiter laufen können.

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2 Kommentare

  • Hubert Ammer schreibt am Sonntag, 23.12.2007 um 22:06 Uhr:

    Armer, geschundener Frank!
    Es ist einfach schön, wie Du uns an Deinen Erlebnissen beteiligst.
    Gern würde ich Wein-Achten in sommerlichen Regionen erleben. So fressen und saufen wir halt im frostigen Reif.
    Ich wünsche Dir weiterhin eine wunderschöne Reise. Komm heil wieder heim! Eins noch: Wein-Achten sollte man nicht mißverstehen! Hubert

  • ff-webdesigner schreibt am Montag, 24.12.2007 um 12:25 Uhr:

    hm..Wein-Achten? Das brachte mich auf eine schöne Idee…Jetzt hab ich Orangen, Zimt, Nelken und Rotwein natürlich :-)

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