Ein Tourist im eigenen Land besucht den Schwarzwald: Nagold, Kleinstadt zwischen dunklen steilen Wäldern. Kein Parkplatz im Zentrum ist umsonst, somit der Wald drumherum was ganz anderes. Vor dem CDU-Ortsverband mit seinen 70er-Jahre Siff-Vorhängen weist ein Schild auf das Parkverbot hin. Ich stelle mein Auto ab. Nagold ist still, dunkel, leer an diesem Abend. Meine Stadttour dauert 15 Minuten.
Hobbingen: Die Häuser haben zwar kein Gras auf den Dächern, aber dafür viel Holz in den Wänden. Die Fenster sind klein. Die Bewohner verstecken sich dahinter. Die Straßen sind so sauber, dass die Dorfalkoholiker noch dreckiger wirken. Zwei Hilfs-Hip-Hopper im weißen Gangsta-Outfit watscheln mit Bierflaschen zum nächsten HotSpot. (mehr …)
Konstanz
Ich bin in Konstanz. Einen Import-Australierin in Spe kann Hilfe bei der Architektur-Abschlussarbeit brauchen. Ich hatte ihr in Melbourne angeboten, beim Modellbau zu helfen. Immer tun, was man sagt fällt gerade sehr schwer. Sie zeichnet die Pläne fertig, während ich das Modell ihrer Bibliothek baue. Jeden Tag 10-12 Stunden. Essen gehen. Nachts ein paar Stunden mein Beruf: Webdesign.
Mein Plan war irgendwas zwischen sechs und acht Stunden am Tag. Etwas weiter reisen und Deutschland neu kennenlernen. Aber selbst die 10 Stunden täglich sind bei weitem nicht genug. Sieben Tage vor Abgabe gibts noch nichts vom Modell, nicht mal Material und Werkzeug. Ich tu was ich kann, aber es kann nicht genug sein, und vor allem fühlt es sich an, als würde ich mich verschwenden. (mehr …)
Weg aus Wien
Der letzte Tag in Wien. Brunchen gehen mit Sabine und Georg. Rauf auf die Baumgartner Höhe. Otto Wagner hat hier 1907 das Sanatorium Steinhof gebaut. Die Anlage ist so schön, dass man sich fast überlegen könnte, drogenabhängig zu werden – nur um in den Genuss eines Entzuges innerhalb der alten Mauern zu kommen. Eine alte Oma fragt nach dem Weg zu ihrem Zimmer.
Auf dem Kahlenberg herrscht Hochbetrieb. Ganz Wien will von oben über die Grinzinger Weinberge auf seine Stadt hinabblicken. Abends geht’s noch über den Prater. Das Schweizerhaus kocht gut auf, das Bier ist abgestanden wie versprochen und die Preise genauso gesalzen wie die Kruste der Schweinshaxe. Im Kettenkarussell wird mir schlecht. Kann nur noch mit Leinen. Riesenrad geht grad noch so. (mehr …)
Gewitter-Kiten am Neusiedler See
Mittags fahren wir zum Neusiedler See. Vom dritten Bezirk dauert das gerade mal 45 Minuten. Die Österreichischen Ferien haben genau heute begonnen. Die Autobahn ist voll. Massig Windräder drehen sich im starken Wind. Der erste Blick auf den Neusiedler See lässt mich jubeln: Da sind bestimmt 100 Kiter draußen. Mein erster Ritt binnen zwei Monaten, höchste Zeit.
Der Neusiedler See ist riesig. Aber es gibt nur einen einzigen kleinen legalen Startplatz zum Kiten. Für den nehmen die netten Podersdorfer satte 5,50 € Eintritt. Nicht nur für Kiter, sondern auch für Sabine, die als Zuschauer mitgekommen ist. Der Platz ist gut 30m breit und ca 200m Lang. Auf der Wiese liegen mehr als 100 Kites. Auf dem Wasser sind nochmal genauso viele. (mehr …)
Vienna Calling
Ich bin jetzt seit sechs Tagen in Wien und hab außer ein paar guten Kneipen und der Fanzone noch nix gesehen. Vienna calling. Arbeit macht heute Pause, ich gehe in die Stadt. Also. Wien. Moment, das is die Schublade unten rechts in meiner Kommode: Wiener sind reich, laut, leidig-grantig und arrogant. Sonst noch was? Ah ja, auf dem Kennzeichen des Alphas steht natürlich “iener” nach dem W.
So hab ich bisher Wiener kennengelernt. Das war meistens beim Snowboarden oder Kiten. Zum Glück sind die Wiener daheim nicht so. Wien ist ganz bunt. Vom Vielvölkerstaat zur Multikulti-Metropole. Stadtpark. Erste Bank: Penner. Zweite Bank: Banker. Dritte Bank: Plemplem. Vierte Bank: Rasta. Sehr lustig. (mehr …)
Vom gestrigen Heurigen
Ich lerne Österreichisch. Georg klärt mich auf: Heurigen ist nicht der Wein, Heurigen ist die Buschen-Schänke, die ihn ausschenkt. Heurigen ist also nicht die Fortsetzung der ewig Gestrigen und politisch eher anzusiedeln in der gemäßigten Mitte. Gestern waren wir auf jeden Fall außerhalb Wiens auf einem Heurigen. Das war fast genauso ungesund wie spassig.
Es ist ganz komisch, ganz nahe an der eigenen Heimat in der gleichen Sprache und einem ähnlichen Dialekt ständig was Neues zu lernen. Ich lern binnen fünf Tagen in Wien mehr neue Wörter als binnen drei Monaten in Neuseeland. Was sicher nicht dazu beträgt, das ich mir irgendwas besser merken kann. Nur eines: Aus’gsteckt is des Online-Lamperl vom Heurigen. (mehr …)
EM-Finale in Wien
Also fahr ich nach Wien. Weiterreisen. Alte und neue Freunde besuchen. Drei Kelheimer Burschen schließen sich via Mitfahrgelegenheit.de an. Senkt den Adrenalinspiegel beim Tanken. Nach vier Stunden sind wir da, der große Stau zum Endspiel bleibt aus. Zum ersten Mal freu ich mich richtig über mein Navi. Quer durch Wien zu Sabine. Drei Jahre nicht gesehen.
Es tut gut, Menschen zu treffen, die lange aus der Sicht waren. Das eigene Reisen erscheint dadurch langsamer. Meine Kamera lass ich noch auf dem Weg zum ersten Biergarten fallen. Kaputt. Heute gibt’s nur Handybilder. Weiter zum Karlsplatz, Extrem-Schrammeln, Schifferl basteln und Leibjodler anhören. Zuletzt noch ins Schickaneder. Eine Kneipe wie Faust aufs Auge. Und rauchen. Drinnen! (mehr …)
Wir fahren nach Wien!
Wie waren nie Pabst. Aber wir fahren am Sonntag nach Wien zum Finale! Das Halbfinale der EM haben wir verdient gewonnen. Im Viertelfinale bekamen wir das 3:1 geschenkt, aber heute hat uns der Schiri nen Elfmeter geklaut. Verdient mit 3:2 gewonnen! Der Auto-Korso formiert sich in Regensburg, die Drinks werden gedrunken, das Gemetzel bleibt aus und wir dürfen auch weiterhin grinsend teure Gammelfleisch-Döner fressen.
Wir? Deutschland! Ich bin nicht Deutschland. Ich bin immer noch reisender. Ich betrachte die Spiele aus einem eigenartigen Winkel. Wie Rugby in Fiji. Ich hab meinen Favoriten. Aber es ist nicht “meiner”. Ich freue mich für Deutschland. Gute Freunde sagen: “Dein Land, hier!”, und ich freue mich sehr darüber. Aber es ist wie Brandung an felsige Küste. Wasser gegen Stein. (mehr …)
München
München ist genau wie immer: Alle fahren wie die Deppen, das Bier ist teuer und niemand spricht Bayerisch. Ich besuche David. Wir ziehen einen Sonntag von Schweinebraten über die Isarauen und Biergarten zu Gyros. Ich war hier schon mal. Alles ist eigenartig vertraut und weit weg. Am Abend läuft ein weiteres EM-Viertelfinale. Ich verschlafe es zur Hälfte.
Geschäftstermine treiben mich bei über 30 Grad mit dem Rad durch München. Ich möchte hier nicht leben, bin froh nur zwei Tage hier zu sein. Alles löst sich etwas auf, sogar Kunden. In diesem Fall positiv, ab sofort gibt’s zwei getrennte HPs zu betreuen. Ich steh nicht still, aber bewege mich auch nicht. Schaue raus auf die Straße. Ein Sommergewitter streut seine Hagelkörner über München. (mehr …)