Der größte unabhängige deutsche Kitereisen-Blog - 292 Kitepots - 737 Reiseberichte.

Rehabilitation der Reanimation

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#497
0309
2012
Mo
17:44
Tag
1914
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Ich bin mitten in einem Zombiefilm. Schmatzen, Schlurfen, Stöhnen und Keuchen sind überall um mich. Sound ist wichtig, doch auch die Maske trägt ihren Teil zur Dramaturgie bei: Leere Augen, blasse Leiber. Dann fliegen wieder ein paar Fetzen Gejammer über den Flur: „Ich sach diä, moinä Gastridis wiäd immä schlimmä, die bringt mich nochma um.“. Gleich schrei ich…

Ja, die Menschen sind alt hier. Sehr alt. Ja, sie haben Gebrechen. Doch beides zusammen macht sie noch nicht zu Zombies. Hierzu werden sie nur durch ihre Gier nach Beileid. Sie jammern über alles, jeden und permanent. In der Reha geht es darum, wieder auf die Beine zu kommen! Doch die Zombies hier beissen sich die selbigen ab und meckern dann „Bäh, Orangschnhaut an Besenreissän schmeckt total scheissä…“ (mehr …)

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Der große Aufzug

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#496
2208
2012
Mi
16:51
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Auf dem weissen Geländer meines Balkons wachsen grüne Flechten. Vier Stockwerke drunter lachen die wenigen Lustigen in einer Runde am Brunnen. Im Gemeinschaftssaal läuft ein Stück Bauerntheater. Ich sitze im Zimmer und schau nach Westen. Ein Schwarm Gänse zieht an der untergehenden Sonne vorüber.

Die Homepage der Reha-Klinik in Wismar zeigte alte Menschen. In echt sind sie noch viel älter. Ich bin mit weitem Abstand der jüngste unter 200 Insassen, und anscheinend auch der einzige. Eigentlich freue ich mich auf’s Altern. Aber derzeit will ich keine Alten sehen. Sie erinnern mich an den Tod. REA statt Reha. Wir sind ein großer Aufzug: Eine Zweckgemeinschaft kommt sich gegenseitig ignorierend wieder nach oben. (mehr …)

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Leben wie Gott in Frankreich?

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#495
1808
2012
Sa
12:45
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Manche Weisheiten sind einfach zu begreifen. Andere muss man überleben, um sie ansatzweise zu verstehen. „Leben wie Gott in Frankreich“ gehört zu den letzteren. Das Ziel: Die Provence. Die Zeit: höchste Hochsaison, Sommerferienbeginn in Bayern und Frankreich.

Präsident Hollande rief sein Volk im Angesicht der Wirtschaftskrise dazu auf, im eigenen Land Urlaub zu machen. Es gehorcht in Massen. Ich wundere mich noch, dass wir es abends in nur 3,5h nach Mulhouse, Frankreich schaffen. Der Stau kommt erst nach der durchfahrenen Nacht vor der Abfahrt ins Rhone-Tal bei Montélimar. Ab da geht alles sehr langsam. Alle 10 km haben die Franzosen Opferaltare für Mercurius aufgebaut. Sie blitzen in der Nacht. (mehr …)

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Kleine große Worte

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#494
0207
2012
Mo
13:30
Tag
1851
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Ich kann aus Momentaufnahmen kleiner Geschehnisse mit guten Worten große Geschichten bauen. Aber bei großen Momenten fehlen mir die Worte. Letzte Woche habe ich erfahren, daß die vier Monate Chemotherapie wohl gewirkt haben. Die Metastasen in der Lunge sind verschwunden, die Lymphknoten im Bauchraum sind ebenso nicht mehr befallen.

Ich erfuhr es unerwartet früh durch Uli, die meinen betreuenden Oberarzt schon am Tag nach dem CT-Abschluss-Staging fragte. Eigentlich rechnete ich erst knapp eine Woche später zum Ambulanz-Termin damit, das Ergebnis mitgeteilt zu bekommen. Ich hatte keine Lust mehr, mich darüber aufzuregen, dass es wohl unvorstellbar ist, auf solch einen Befund nicht warten zu wollen. (mehr …)

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Meditation und Massaker

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#493
3005
2012
Mi
7:01
Tag
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Mein Vater war ein guter Mensch. Als die schlechten Noten kamen, gab er mir eine Meditationskassette: Superlearning – lernen im Schlaf. Dieses Ende der füsorglichen Fahnenstange sorgte erstens für schnelles Einschlafen, bewirkte zweitens nichts von dem, was es sollte – und hinterließ mich letztens schon in der Kindheit deutlich Meditations-traumatisiert.

Heute bin ich ein sogenannter Kopfmensch. Das hilft leider kaum beim Schach-spielen, manifestiert sich aber definitiv in einer ausgeprägten Skepsis gegenüber jeglichen nicht logisch begründbaren Schädelwichsereien. Laut Aussage meines letzten Zimmernachbarn – Gott sei seiner Seele gnädig – wirkt manche Meditations-CD auf mich desaströser als eine Mischung aus Crack und Crystal Meth. (mehr …)

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Ich will nicht mehr…

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#492
3005
2012
Mi
6:21
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5834
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Im Bett neben mir erfuhr heute ein neuer Tod von seiner Geburt. Er röchelt und keucht durch die ganze dunkle Nacht. Der Himmel über dem Klinikum leuchtet orange. Als Krebskranker sollte ich Angst vor dem Tod haben. Oder Mitleid. Wenigstens Respekt. Aber ich habe nichts von alledem. Der mich vom Schlaf abhaltende stöhnende Tod nebenan nervt mich einfach zu Tode.

Viele Menschen beschreiben Krebs als große Chance. Oder Befreiung. Ich habe immer versucht, in allem Schlechten das Gute zu sehen, und es oft geschafft. Aber nicht hier. Freier geht nicht. Offener geht nicht. Die Freunde, die mir wichtig waren, zeigten mir, dass sie es zurecht sind. Die, die schwiegen, hätten eh schon längst weg sein sollen. (mehr …)

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Systemneustart

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#491
1105
2012
Fr
6:15
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Die Studie aus den USA hat wohl nicht recht. Meine Ärzte sind nach deren Analyse der Ansicht, dass die zur gewünschten Wirkung benötigten niedrigen Glukosespiegel nur im Reagenzglas oder bei sehr kaputter Leber mit weniger als sieben Tagen Fasten erreicht werden können. Das ist einfach zu viel – und dann definitiv nicht mehr hilfreich.

Nach vier Tagen ohne Essen beende ich das Fasten und verfalle in Appetitlosigkeit. Ich kann nichts besser machen. Aber die Chemo wirkt. Die Nebenwirkungen sind schon im Klinikum viel stärker als beim zweiten Zyklus. Trotz Fasten, Pillen, Infusionen und Spritzen ist mir fünf Tage lang fast permanent übel. (mehr …)

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Wenn’s Oarscherl brummt…

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#490
0405
2012
Fr
10:58
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… is as Herzerl g’sund! Zweieinhalb Monate Todesangst waren einfach genug. Gestern kam die gute Nachricht: Die Chemo schlägt an. Die Metastasen in der Lunge sind nur noch in Ansätzen sichtbar, die Lymphknotenmetastasen im Bauchraum schmilzen ebenfalls im Cisplatin. Das bedeutet nicht, dass ich gesund bin. Aber meine Heilungsaussichten verbessern sich damit deutlich.

Eine Studie aus den USA weist darauf hin, dass kurzzeitiges Fasten vor und zur Chemotherapie deren Wirkung verstärkt – und die Nebenwirkungen verringert. Ich faste seit mittlerweile 72 Stunden ohne jegliche Nahrung. An Tag zwei der Chemo ringe ich dem Arzt ab, auch jegliche Glucose-Gabe via Infusion abzustellen, denn nur so werden die Blutwerte auf die in der Studie verzeichneten nötigen fallen. (mehr …)

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The Night Before

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#489
0205
2012
Mi
23:16
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Zum Beginn des 3. Zyklus vergisst der Stationsarzt meinen CT-Termin. 18 Tage Vorankündigung für die Kontrolle, ob die Chemo wirkt, waren zu knapp. Mögliche Geistesstützen ersinnend huldige ich seiner Schludrigkeit. Eine Nacht auf dem Ceranfeld auf Stufe 8? Da würde er vermutlich immernoch besser schlafen als ich.

Immer wieder spüre ich ein Ziehen in der Lunge. Manchmal auch im Bauch. Klar, wer mit Lungenmetastasen nicht zum Psychosomatiker wird, muss echt ein eiskalter Hund sein. Also versuche ich, mich immer wieder über alles zu freuen, was ich spüre: Die Chemo vernichtet Krebszellen. The Night Before ist hart, aber immernoch deutlich besser als The Day After. (mehr …)

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SmartBuyGlasses Bewertung

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#488
2404
2012
Di
11:05
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Guten Tag Frank Woelky, vielen Dank für Ihren Einkauf bei SmartBuyGlasses. Entsprechend eines sicheren Einkaufs für unsere Kunden, verfolgen wir strikte Richtlinien zur Identifizierung, um mögliche Betrugsfälle zu verhindern. Leider wurde Ihre Zahlung von unserer Buchhaltung als riskant eingestuft. Um Ihren Bestellvorgang fortführen zu können, benötigt es einer Verifizierung Ihrer Identität.

Mit dieser Email von Smartbuyglasses einige Tage nach abgeschlossener Bezahlung via Kreditkarte beginnt meine seit 10 Jahren und locker 500 Bestellungen im Internet schlimmste online-Odyssee. Smartbuyglasses erweisen sich in den folgenden Wochen auf viele Arten als vollkommen inkompetent und unfähig, geringste Servicesstandards zu erfüllen. (mehr …)

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smartbuyglasses

Einfach nur tanzen

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#487
2204
2012
So
1:54
Tag
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Feste soll man feiern, wie sie fallen. Angies Examen fällt gut auf Mellys Geburtstag. Freunde kommen von weit her. Das Fest im Lederer ist schön, auch wenn ich recht platt bin. Alles ist besser als einfach nur schlapp daheim rumliegen. Reden, trinken, viel zu spät essen. Heute soll mein Magen einfach zurecht sein Höllenfeuer abbrennen dürfen. „Leben“ ist der deutlich größere Teil von „überleben“.

Einfach nur leben reicht nicht. Ich will auf eine zweite Feier. Mein Wort gilt. Ziel ist eine vermutlich große Party der Gebrüder Mayr im TUS. Kurz nach Mitternacht sag ich: „Auf!“. Meine kleine Herde folgt mir durch den einsetzenden Regen einen guten Kilometer auf dem Rad. Die Feier ist noch nicht wirklich am laufen. Wir kennen niemanden. (mehr …)

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Die Welt brennt

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#486
2004
2012
Fr
23:01
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Die ganze Welt brennt. Überall. Mit meinem Bauch fängt sie an. Nach Drei Tagen ohne Appetit auf der Onkologie habe ich in Freiheit wieder einen Bärenhunger. Ich bekomme wenig runter – und zahle dafür trotzdem einige Nächte mit unglaublichem Sodbrennen. An Schlaf ist kaum zu denken. Entweder Hunger oder Feuer, dazwischen gibt es eine Woche lang nichts.

Auch ohne die volle Keule der Nebenwirkungen gespürt zu haben, glaubte ich an die Kraft des guten Gifts. Jetzt bekomme ich die volle Keule – und glaube noch mehr daran. Mir ist perment flau, ich bin müde, kein Schlaf hilft. Jede Geistesregung strengt unglaublich an. Für den Weg zum Briefkasten benötige ich zwei Verschnaufpausen, der Gang zur Bank gleicht einer Himalaya-Expedition ohne Sauerstoffflasche. (mehr …)

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Dunkle Tage / lichte Nächte

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#485
1504
2012
So
15:58
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Mein Tag/Nacht-Rhythmus zerfällt zu Staub. Ich wache morgens um drei Uhr auf. Schreibe einen Brief an die Pflegedienstleitung. Die Unterbelegung auf der heftigsten aller Stationen betrifft micht auf zwei Arten: als an Krebs erkrankter Patient und als Freund von Uli. Meine Worte sollen etwas ändern. Die Alarmlichter der Infusomaten blinken hell in der Nacht.

Die Station steht Kopf. Auf den Gängen tobt tagein tagaus eine Kakophonie von Alarmsignale. Das Pflegepersonal rennt dem Notstand hinterher. Und egal wie eng ihre Zeiten sind: Wann immer du mit ihnen als Mensch redest, nehmen sie sich immer alle Zeit der Welt. Himmel auf Erden in der Hölle. Danke euch allen! (mehr …)

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Die Wutprobe & der 2. Zyklus Chemo

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#484
1204
2012
Do
19:43
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Ein wichtiger Mensch stellt massiv alles in Frage, wofür ich kämpfe, woran ich glaube – und damit dass ich den Krebs überleben werde. Zehn Tage lang schlafe ich sehr wenig und wende alle meine Kraft auf, ohne Wut zu antworten. Danach fühle ich mich kraftlos und gehe wieder ins Uniklinikum zu meinem 2. Zyklus Chemotherapie.

Für die ersten sieben Tage auf der Onkologie wurden mit etlichen teuren Untersuchungen wie MRT und CT gerade mal 2300 € abgerechnet. Es ist eine Schande, dass menschliche Arbeit so vollkommen unter Wert verkauft wird, Medikamente dafür hoffnungslos überteuert. Die Pharmalobby ist der beste Freund des Pflegenotstands. (mehr …)

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Günther Grass, Israel & die Atombombe

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#483
0604
2012
Fr
12:43
Tag
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Ich bin ein Kind der Achtziger. Dummerweise hatte ich bei der ersten Ausstrahlung von „The Day After“ im öffentlich-rechtlichen Fernsehen anscheinend eine dieser dämlichen sensiblen Phasen. Der Film packte mich derart heftig, dass ich monatelang nicht schlafen konnte. Und wenn, dann mit tollen Alpträumen. Die atomare Abschreckung hatte bei mir wahrhaftig gewirkt: Ich hatte große Angst vor einem Atomkrieg.

Der kalte Krieg wurde wärmer, die Perestroika pflanzte Blumen und meine Nackenverspannungen lösten sich. Jahrelang dachte ich im relativ ungestörten Aufwachsen zu Grunge und Ökostrom: die Welt hat was gelernt. Sie war auf dem richtigen Weg. Dann kam Bush, und der neue „Nicht“-Imperialismus stellte kesse neue Forderungen. (mehr …)

israel
erstschlag

Sie leuchten

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#482
0204
2012
Mo
11:11
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Die Haare fallen langsam aus. Ansonsten bleibt alles gut, bisher hab ich fast keine Nebenwirkungen der Chemo zu spüren bekommen. Einmal war mir schlecht, aber nur wegen reichlich Alkohol und Tanzen auf Sublime. Danke, Ayli! Uli nimmt mir viel ab. Ich krieg Chemo, sie hat keinen Appetit und mutiert zum Siebenschläfer. Die Restbelastungen sind alle psychisch.

Permanent gut zu denken, aber zu wissen dass es nichts zu wissen gibt bis Mitte Mai ist hart. Ich bemühe mich um begleitende Psychotherapie. Laut allen Ärzten ein wichtiger Baustein bei der Genesung. Aber meine geliebte Central KV zahlt keinerlei Psychotherapie. Yoga genausowenig. Sie lassen mich allein, wach in der Nacht und oft verzweifelt bei fast komplettem Einkommeneinfall. Danke! (mehr …)

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Ohrensausen

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#481
2703
2012
Di
9:49
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Nach fünf Tagen Chemo werde ich entlassen. Der Frühling ist da. Die Vögel zwitschern. Ich fahr heim und räume meine Sachen auf. Kaufe Futter. Wasche, koche und esse. Lebe. Freunde kommen und fragen. Ich freue mich, aber die Fragen sind alle gleich und in ihrer Wiederholung schwer. Die beste Frage stellt mir ein kleiner großer Mann: „Was machst du, wenn du überlebst?“.

Krebs verändert Menschen für immer. Sie werden offener, direkter, leben gesünder. Vermeiden Stress, gehen auf Reisen, feiern mit Freunden, meditieren, singen lautstark Lieder und finden ihren Sinn des Lebens. Mein Problem: bis auf das Rauchen aufhören hatte ich alles schon erledigt. (mehr …)

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Wieder gesund werden

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#480
2103
2012
Mi
9:30
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Ich lese einige Bücher, brauche das Gefühl, etwas tun zu können. Ein Standardwerk für Krebspatienten ist „Wieder gesund werden“ von Carl Simonton. Er arbeitete seit 1970 als Psychoonkologe an verschiendenen renommierten Kliniken in den USA.  In seinem Buch weist er sehr logisch klingende Zusammenhänge zwischen Geisteszustand und Gesundheitszustand auf, und auch wie man darauf aktiv Einfluss nehmen kann.

Die Hauptaussage ist, dass der Geist das Immunsystem anregen kann, und dieses ist ein wichtiger Teil im Kampf gegen Krebs. Jeder Mensch hat Krebs, immer. Aber das Immunsystem hält die falschen Zellen in Schach. Bei mir hat es versagt. Ich bin nicht schuld, aber ich kann etwas besser machen. Simonoton weist Zusammenhänge auf, die mich überzeugen. (mehr …)

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Krebs in Zahlen und Köpfen

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#479
1803
2012
So
20:10
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Ich bin Webdesigner und in dieser Funktion auch Suchmaschinenoptimierer und damit Statistiker. Über die Gesundheit und den Erfolg meiner Homepages sagen mir die Statistiken viel. Jede ist anders zu lesen. Es gibt wenig absoluten Zahlen. Aber es gibt Trends. An diesen halte ich mich gerade in meiner Krebserkrankung fest.

Freunde berichten per Mail von neuen Krebserkrankungen in der Familie. Krebs ist keine Seuche. Aber im Laufe seines Lebens erkrankt derzeit wenigstens jeder Vierte Bundesbürger an Krebs. Alle Arten in einen Topf geworfen stirbt jeder Fünfte daran. Frag mich bitte keiner, wie das zusammengeht mit einer Gesamtüberlebenswahrscheinlichkeit aller Krebserkrankungen von 50%, weiter unten auf der gleichen Infotafel. (mehr …)

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Von Hirnzellen und Spermien

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#478
1603
2012
Fr
15:01
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Der geniale Walter Moers konstatierte schon vor langem, dass der männliche Samen beim Homo Sapiens aus abgestorbenen Gehirnzellen bestünde. Über das Rückenmark gelängen diese zum Penis und würden somit im Laufe eines durchschnittlichen Lebens zum Verlust von ungefähr einem halben Eimer Hirnmasse führen.

Alzheimer und Demenz sind somit keine Folge von Stoffwechselerkrankungen, sondern schlicht und einfach Zeichen eines einstmals erfüllten Sexuallebens. Auch die Aussage, Männer würden nur mit dem Schwanz denken verliert hierdurch etwas an Härte: Ja, wir Männer denken zwar oft mit dem Schwanz, aber opfern euch Frauen für Sex auch bereitwillig beträchtliche Teile unseres Resthirns. (mehr …)

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Aus dem Beipackzettel Chemotherapie

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#477
1603
2012
Fr
12:03
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Krebs ist unkontrolliertes Zellwachstum: Seine Anhänger reagieren nicht mehr auf Stoppzeichen des Körpers. Ein Fehler macht Krebszellen stärker als normale Zellen. Sie betreiben eine aggresive Expansionspolitik. Das einzige was sie auf natürliche Weise stoppt ist oft der durch sie hervorgerufene Tod des Wirts. Krebs verhält sich also fast wie Mensch zu Erde.

Würde ich wegen Krebs nicht um mein Leben kämpfen, müsste ich ihn bewundern. Er zeigt viele Charakteristika, mit denen man es als Mensch heute weit bringt. Bei seiner egoistischen Expansion setzt er rücksichtslos die Ellbogen ein. Er huldigt dem ewige-Jugend-Kult. Und er ist aufgrund seiner Komplexizität ähnlich schwer angreifbar wie international operierende Banken. (mehr …)

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Vor dem Krieg

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#476
1403
2012
Mi
19:53
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Ich stehe vor dem größten Krieg meines Lebens. Ich bin ein Kämpfer, hab zahlreiche Schlachten überlebt. Doch Krieg ist mehr. Ich habe Angst, denn meine Gedanken sind schwarz. Sie sehen immer nur den Tod, sobald ich auch nur eine Sekunde die Zügel locker lasse. Mein Kampf wird im Kopf stattfinden. Ich will an das Leben glauben.

Glaube ist hart in Zeiten von Tsunamis und reichlich nah ans Wasser gebauter Heimat. Jede Mail von Freunden ist gut – und schleudert mich mitten ins Wasser. Einen Kilometer schwimmen erscheint angebracht, danach Dampfbad und mein Kopf ist kühler. Eine Tafel im Gelagesaal aufbauen. Burg putzen. Essen räubern. Kampfwagen waschen und Rüstung polieren. Hier soll alles passen, wenn ich in den Krieg ziehe. (mehr …)

frank
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Mission Mannheim

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#475
1303
2012
Di
18:15
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Es gibt viel zu tun, und nie genug. Meine Heilungschancen stehen gut, aber ich muss mich sofort um viel Unerfreuliches kümmern. Ich verarzte meine Kunden und schaufle die Arbeit der letzten Tage weg. Brauche Ruhe. Ich werde nicht sterben. Trotzdem: kein Testament zu haben wäre gegenüber allen Hinterbliebenen grausam. Also schreib ich eines.

Uli will Kinder mit mir haben. Nach einseitigem Hoden-OP wäre das noch gut möglich. Nach Chemotherapie mit höchster Wahrscheinlichkeit nie wieder. Cryokonservierung ist angesagt. Wir suchen lange im Internet, die Krankenkasse zahlen nur bei Frauen 50% der hohen Kosten. Männer haben gesundheitsrechtlich betrachtet auch bei meiner Diagnose kein Recht auf Kinder. (mehr …)

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I can’t get no sleep

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#474
1003
2012
Sa
6:39
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Ist mir nicht neu. In meiner Jugend ratterten die Gedanken sobald das Licht aus war lauter als polnische Güterzüge. Das war schlimm, aber irgendwann einfach vorbei. Schlaf ist das Geschenk für Menschen in der Mitte. Jetzt lieg ich wieder wach. Nach nur fünf Bier, drei Schnaps und drei vollwertigen Abendessen freute ich mich darauf, ohne Schlaftabletten Traumfänger zu spielen.

Zu früh gefreut. Es ist fünf Uhr morgens. Nach 3 h Schlaf ist mir schlecht. Meine Gedanken sind schwärzer als die Neumondnacht. Ich, der ich immer rede von der Kraft des Willens, der soviel auf Stärke gibt. Ich, der darauf pocht, dass Heilung und Hoffnung mit H beginnen: hab jegliche Kontrolle über meine Gedanken verloren. Sie denken was sie wollen, wann immer sie wollen und in dezenter Speedmetal-Lautstärke. (mehr …)

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Das große Zittern

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#473
0903
2012
Fr
16:38
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Die weiteren Bestrahlungen verlaufen besser. Mir wird nicht mehr schlecht, an die Geräusche der Maschine gewöhne ich mich. Nach der dritten Bestrahlung folgen einige weitere Untersuchungen. Da ein Lymphknoten nahe an der Niere liegt wird ein Funktionstest gemacht. Danach folgt ein Lungen-CT, um zu sehen, ob es sonst noch was gibt. Bisher gibt’s nur ein aktuelles Abdomen-CT.

Ich bitte die Schwester gleich um mündlichen Befund. Der Sekundenzeiger der Wanduhr kreischt bei jedem Ruck. Eine halbe Stunde später frage ich nochmal. Die Tür zum Befundungsraum geht auf. Zwei Ärzte blicken vom Schirm rüber zu mir. Eine Ärztin meint, Befunde gingen prinzipiell nur an die überweisende Station. Ich hab eine ganz schlechte Vorahnung. Sie hält den ganzen Tag, während ich mich mit Arbeit ablenke. (mehr …)

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